268 Die Grundlage der weiteren Kriegführung und das Kriegsinstrument
kam hinzu, daß die Fabriken, die im Frieden Lokomotiven gebaut hatten
und für die ausgesprochene Kriegsindustrie umgestellt waren, dem Loko—
motivbau zurückgegeben werden mußten. Unsere Verkehrsmittel bedurften
nachgerade einer gründlichen Auffrischung. Ihre Arbeit mußten andere
Fabriken übernehmen, sämtliche Betriebe mußten möglichst gut ausgenutzt
werden. Die vermehrte Herstellung erforderte Vergrößerung der Anlagen
und diese wieder Zeit. An anderer Stelle waren Betriebe still oder zu-
sammen zu legen. Es fand ein gewaltiger Eingriff ins Wirtschaftsleben
statt, und zwar ein um so größerer, als vieles nachzuholen war.
Geraume Zeit mußte vergehen, bis die Arbeiten im Hindenburg-Pro-
gramm begannen, weitere Zeit, bis die Rohstoffe zum Kriegsgerät wurden.
Das Programm mußte auch Nachprüfungen unterworfen und beschränkt
werden. Unsere Anschauungen klärten sich und wir sahen, daß die
nötigen Arbeitskräfte nicht aufgebracht werden konnten, ohne die Ersatz-
gestellung für das Heer und die Marine zu gefährden. Es erhoben
sich später Stimmen, daß das ganze Hindenburg-Programm ein Fehler
gewesen sei, und daß die Oberste Heeresleitung das Kriegsministerium
ruhig hätte weiterarbeiten lassen sollen. Diesem hätten nur ihre Auf-
träge gefehlt. Der Generalfeldmarschall und ich mußten mit dem rechnen,
was wir vorfanden, und das war ungenügende Versorgung des Heeres mit
Kriegsgerät, trotz der Anwesenheit des Kriegsministers im Großen Haupt-
quartier und obwohl alle Welt davon sprach. Selbstverständlich wäre
eine planmäßige, der Größe der Aufgabe gerecht werdende Umstellung
unserer Friedensindustrie in die Kriegsindustrie, die schon im Frieden vor-
bereitet oder während der beiden ersten Kriegsjahre planmäßig durch-
geführt wurde, erheblich besser gewesen als dieses plötzliche Anschwellen der
Kriegsindustrie. Die Oberste Heeresleitung fand aber solche idealen Ver-
hältnisse nicht vor, sondern mußte handeln. Es ist immer dasselbe: vorher
geschieht nichts Genügendes, die Kritik tadelt dies, findet aber keine näheren
Angriffspunkte. Wird aber etwas geschaffen, entsteht etwas, bildet sich sogar
ein mächtiger Bau, dann hat die Kritik etwas, wo sie einsetzen kann. Sie
wird oft richtig sein. Nachträglich ist es leicht, alles zu übersehen. Der
schwerste Fehler bleiben aber immer die Untätigkeit und das Unterlassen;
sie sind schlimmer als ein etwaiger Fehigriff in der Methode. Tatsächlich ist
das Hindenburg-Programm wirklich ein Programm geworden; es hat mehr
gebracht als die anderen Teile des großen Programms, in die wir nicht so
eingreifen konnten.
Schließlich kam die Industrie in Gang. Die Durchführung des Hin-
denburg-Programms bedeutet dank der Wirksamkeit des aus der Feld-
zeugmeisterei hervorgegangenen Waffen= und Munitions-Beschaffungs-
Amtes eine ganze Tat. Das Amt stand unter General Coupette, der mit