Heranziehung der besetzten Gebiete 275
Heimat sehr weit ging. Sie mußte die Kirchenglocken hergeben, Belgien
aber behielt die seinigen auf Antrag des Reichskanzlers Grafen v. Hertling
bei Seiner Majestät.
Die besetzten Gebiete haben uns entscheidend geholfen, nicht nur der
Armee, sondern damit auch der Heimat. Wie die Kriegsindustrie daheim,
so kostete uns auch die Heranziehung der besetzten Gebiete für die
Versorgung Menschen in erheblichem Umfange. Wir mußten dies in Kauf
nehmen, um leben zu können.
Die Beteiligung der Verbündeten an der Rohstoffversorgung Deutsch-
lands wurde seitens des Kriegsministeriums vornehmlich zur Herstellung
oder als Entgelt für das von Deutschland gelieferte Kriegsgerät herbei-
geführt. Es verwaltete auch die Kupfergruben bei Bor im nordöstlichen
Serbien, die uns außerordentlich geholfen haben. Die Oberste Heeres-
leitung wurde nur beteiligt, wenn Bulgarien oder die Türkei in der Roh-
stoffabgabe nach alter Balkanüberlieferung zu säumig waren und einer
Aufmunterung bedurften, ihren übernommenen Verpflichtungen nachzu-
kommen.
In der Rohstoffversorgung des Heeres unterstützte die Wissenschaft
die Kriegführung mit allem ihren großen Können. Dafür sei auch der
Wissenschaft Dank.
Bei sämtlichen Fragen, die sich auf die Steigerung unserer Kraft in der
Heimat bezogen, wurde ich von Oberst Bauer und Major v. Harbou tat-
kräftig unterstützt. Sie haben vorbildlich gearbeitet.
IV.
Die Verpflegungsfrage war für Volk und Heer, für Mensch und Pferd
von gleich großer Bedeutung.
Die Leistungen des Soldaten im Felde werden ungemein von der
Verpflegung beeinflußt. Sie ist neben dem Urlaub maßgebend für die
Stimmung der Truppe. Ich mußte deshalb den Verpflegungsfragen mein
volles Augenmerk zuwenden.
Das Nachlassen der Stimmung im deutschen Volke hing sehr wesent-
lich mit der Ernährung zusammen. Der Körper bekam in seiner täg-
lichen Zuführung, namentlich an Eiweiß und Fetten, nicht das, was
zur Erhaltung der leiblichen und geistigen Kräfte notwendig ist. Es
war in weiten Kreisen ein gewisser Verfall der körperlichen und
seelischen Widerstandskraft eingetreten, der eine unmännliche, hysterische
Stimmung hervorrief, die im Banne der feindlichen Propaganda das
unkriegerische Denken vieler Deutschen noch vermehrte. Ich tat das
erste Mal im Sommer 1917 einen tiefen Einblick in diese Verhältnisse
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