Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Die „Militärverwaltung“ in Rumänien 283 
Landwirtschaftliche Erzeugnisse aller Art, besonders Weizen und 
Mais, aber auch Erbsen, Bohnen, Pflaumen, Eier und Wein fanden sich 
in erfreulichen Mengen vor. Die Herbstbestellung wurde sofort in Angriff 
genommen. Es geschah alles, um die Produktionsfreudigkeit anzuregen. 
Die Aussaat von Winterweizen war bedeutungsvoll, da wir mit den Er- 
zeugnissen Rumäniens für die kritische Zeit vor der Ernte Ungarns im 
Juli und unserer Ernte im August rechnen mußten. Auch der Gemüsebau 
war für uns wichtig und wurde nach Möglichkeit gewinnbringend gestaltet. 
Die Viehbestände waren durch den Krieg stark verringert. Sie wurden jetzt 
für die Landbestellung gebraucht. Die Fleischausfuhr hielt sich deshalb in 
nur sehr mäßigen Grenzen. 
Bei der Aufbringung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse arbeitete 
die Militärverwaltung mit den Beamten der Zentral-Einkaufs-Gesellschaft, 
die schon vor der Kriegserklärung Rumäniens daselbst tätig waren. Ihr 
selbständiges Auftreten wurde aber nicht gutgeheißen. 
Die HOlbestände, die wir in Rumänien vorfanden, waren nicht er- 
heblich, die Bohranlagen durchweg gründlich zerstört, die Sonden mit 
großer Kunst verstopft. Der englische Oberst Thomsen hatte sich seiner 
Aufgabe, uns die Ausnutzung der Olfelder zu erschweren, mit Geschick 
unterzogen. Seine Arbeit hat der Entente zwar nicht entscheidend 
genützt, aber doch die Ölversorgung unseres Heeres und der Heimat be- 
trächtlich herabgesetzt. Die Olnot der Heimat ist ihm zum Teil zuzuschreiben. 
Die Militärverwaltung zog Kenner der Hlindustrie Rumäniens in das 
Land und ging mit Kraft an ihre zweite wichtigste Aufgabe, die Sl- 
förderung wieder in die Höhe zu bringen, sowohl durch Wiederingang- 
bringen verstopfter Sonden als auch durch Neubohrungen, wie durch 
Wiederherstellung und Wiederinbetriebnahme der Raffinieranlagen. Die 
Olgewinnung hob sich, allerdings nur sehr langsam. 
Vielen in ihrer Not drängenden und uns nicht wohlgesinnten Leuten 
in Wien ging das Aufbringen der Ernte und das Ingangsetzen der SÖl- 
produktion nicht schnell genug. So kamen hierüber im Februar 1917 Klagen 
aus Wien und das gleiche tönte mir aus Berlin entgegen. Einen Augen- 
blick zweifelte ich, ob wirklich sachgemäß gearbeitet würde. Ich konnte 
aber die Schwierigkeiten, die in Rumänien zu überwinden waren, an 
meinen eigenen in Kowno gesammelten Erfahrungen einschätzen und ließ 
mich nicht beirren. Im April verstummten denn auch die Beschwerden, und 
die Verwaltung fand allgemeine Anerkennung. 
Die Verteilung der Vorräte an den Erzeugnissen der Dobrudscha und 
der Walachei erfolgte auf Grund besonderer Abmachungen zwischen den 
Verbündeten. Die Schlüsselbildung für die Olverteilung bot keine wesent- 
lichen Schwierigkeiten. Dagegen war die Verteilung der landwirtschaftlichen
	        
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