Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Die feindliche Propaganda 289 
  
  
und dergleichen Phrasen in idealem Gewande mehr von unendlicher Wirk— 
samkeit auf nicht klar sehende Menschen sein. Die öffentliche Meinung der 
Welt stand ganz in ihrem Banne. Der Krieg wurde so z. B. für den ameri- 
kanischen Soldaten zum Kreuzzug wider uns. 
In den neutralen Staaten sahen wir uns einer Art geistiger Blockade 
gegenüber. Der Weg zu der Seele der neutralen Völker war uns ver- 
schlossen. Wir verstanden nicht, ihn uns zu öffnen. Nur wir taten unrecht; 
was die Entente tat, war moralisch berechtigt und selbstverständlich. 
Deutschland vergewaltigte die Welt, nur die Ententepolitik verfolgte wahr- 
haft sittliche, die Welt beglückende und befreiende Ziele. Wir verloren im 
neutralen Ausland, das jetzt Bescheid wissen wird, jeden Kredit, der der 
Feinde stieg unermeßlich. Gewiß hatten wir auch Freunde, sie waren aber 
ohne Einfluß. 
Ahnlich wurde in den verbündeten Staaten gearbeitet. Es galt hier 
die Trennung Deutschlands von seinen Bundesgenossen. 
Die Propaganda war ein altes und gewaltiges Kampfmittel Eng- 
lands. Die Ostindische Kompagnie hatte glänzende Erfolge damit bei der 
Eroberung Indiens gehabt. Sie hatte Schule in. England gemacht. Dieses 
war der einzige Staat, der seit langem in klarer Absicht dieses Hilfsmittel 
der Politik und Kriegführung in wirklich großzügiger Weise in den Dienst 
seiner nationalen weltumspannenden Politik gestellt hatte. 
„Fremde Staaten mit Hilfe der Revolution zu bedrohen, ist heut- 
zutage seit einer ziemlichen Reihe von Jahren das Gewerbe Englands“, 
hat Bismarck schon vor sechzig Jahren gesagt. Er dachte dabei an die Rede 
Cannings vom 12. Dezember 1826, in der in öffentlicher Unterhaussitzung 
vom Premierminister gedroht wurde, England verfüge über den „Schlauch 
des Aolus"“ und könne jederzeit die Mächte der Revolution entfesseln. 
„Wenn wir“, sprach er aus, „uns an einem Kriege beteiligen, werden wir 
unter unseren Fahnen versammelt sehen alle Unruhigen, alle Unzufrie- 
denen, sei es mit oder ohne Ursache, eines jeden Landes, mit dem wir in 
Unfrieden stehen werden.“ 
Bereits vor dem Kriege war aufmerksamen Beobachtern die Propa- 
gandaarbeit unserer jetzigen Feinde klar erkennbar geworden. Sie hat schon 
damals planmäßig gegen uns begonnen. Ihr hatten England und Frank- 
reich mit in erster Linie die Erfolge ihrer Politik zu verdanken, während 
sie unsere Stellung in der Welt untergrub. Die Abrüstungsvorschläge des 
Zaren war ihr Werk, ganz zugeschnitten auf die urteilslose Gutgläubigkeit 
vieler unserer Volkskreise. Auch die Verbreitung des Bernhardischen Buches 
in der englischen Welt gehört hierher. Es wäre besser nicht geschrieben 
worden. Durch Reuter sollten wir von der Welt abgeschnitten werden. Die 
Einwirkung der jetzigen Ententeländer auf die Weltpresse entging, obwohl 
Kriegserinnerungen 1914—18 19
	        
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