Mittel und Wege der Propaganda 301
Auffassung oder den Worten: „Unsere Sache ist gut, wir brauchen keine
Vertretung“, war es nicht getan; wir hatten allen Grund, endlich zur Tat
zu schreiten, uns nicht nur nachdrücklich zu wehren, sondern von der Ver—
teidigung zum Angriff überzugehen. Nur so konnten wir dem Feinde das
gleiche antun, was er uns zufügte und uns in dem gewaltigen Völkerringen
behaupten.
Ich fand bei meinem Eintritt in die Oberste Heeresleitung nur sehr
dürftige Einrichtungen vor; sie verdienten nicht den Namen einer Propa-
ganda-Organisation.
Das Bureau Erzberger lasse ich außer Betracht, da ich seine Tätigkeit
nicht kenne. Es ging später ein.
Im Sommer 1916 war die Oberste Heeresleitung an die Reichs-
leitung mit der Forderung herangetreten, eine straffe Organisation für
Propaganda einzurichten. Nach Überwindung vieler Widerstände, nament-
lich gegenüber dem Auswärtigen Amt, wurde im Juli die militärische
Stelle dieses Amtes ins Leben gerufen.
Neben dieser für rein militärische Zwecke gedachten Abteilung war die
Schaffung ähnlicher Einrichtungen für die wirtschaftliche und politische Pro-
paganda seitens des Auswärtigen Amtes in Aussicht genommen. Nur
unter dieser Voraussetzung hatte der Chef des Generalstabes des Feld-
heeres die militärische Stelle gegründet. Alle drei Abteilungen sollten nach
einheitlichen Richtlinien des Auswärtigen Amts eine großzügige aktive
Propaganda treiben, die ihrerseits zum Angriff gegen die Entente-Propa-
ganda vorging und sich nicht wie bisher mit schwächlicher Abwehr der feind-
lichen Lügenpropaganda begnügte. Der politische und wirtschaftliche
Propagandadienst des Auswärtigen Amts blieb leider beschränkt auf die
Einrichtung eines entsprechenden Presse= und Broschürendienstes, der sich
meist nur mit Beeinflussung der Presse mittels Dementierung, Erläuterung
der politischen Ereignisse und Ausnutzung feindlicher Schwächen befaßte. Das
war ein Tropfen auf den heißen Stein und hatte keinerlei Bedeutung.
In der militärischen Stelle des Auswärtigen Amtes schuf Oberst v. Haeften
nach und nach eine an und für sich große Organisation. Sie unterstand der
Obersten Heeresleitung, wurde aber im wesentlichen vom Auswärtigen
Amt finanziert, dem dafür das Recht der Mitprüfung und der Ausgabe
einheitlicher Richtlinien zustand; von diesem Rechte hat das Auswärtige
Amt so gut wie keinen Gebrauch gemacht.
Oberst v. Haeften ist ein geistig ungemein hochstehender, von glühender
Vaterlandsliebe erfüllter Offizier, der alles, was er erfaßt, mit seiner von
idealem Schwunge getragenen Arbeitskraft durchdringt und die Gabe be-
sitzt, aufzubauen und seine Mitarbeiter fortzureißen. Das, was geschaffen
wurde, war im wesentlichen sein und seiner Mitarbeiter Werk.