Oberquartiermeister bei der 2. Armee 23
Im April 1914 kam ich nach Straßburg, wo unter General v. Deim-
ling ein reges militärisches Leben herrschte. Die Stellung als Brigadekom—
mandeur war eine ganz andere wie die als Regimentskommandeur in
Düsseldorf. Es fehlte das unmittelbare Zusammenleben mit der Truppe
und dem Offizierkorps. Meine Arbeit lag nur auf dem Gebiet der Aus—
bildung. Ich hatte noch die Freude, vor dem Kriegsausbruch meine Bri—
gade meinen Vorgesetzten auf dem Bitscher Übungsplatz vorzustellen.
Meine Wiederverwendung als Oberquartiermeister im Großen General=
stabe kam in Frage. Ich wurde mit Generalstabsarbeiten beschäftigt. Im
Mai machte ich eine große Generalstabsreise mit, die in Freiburg i. Br. be-
gann und in Cöln endigte. Auch Seine Kaiserliche Hoheit der Kronprinz
nahm daran teil. Er widmete sich ernst und mit Eifer seinen Aufgaben und
zeigte gleichzeitig gutes militärisches Verständnis und Blick für große
Lagen. Im August sollte ich eine sogenannte „Mehl“-Reise leiten, bei der
auf strategischer Grundlage die Versorgung einer Armee zu besprechen war.
Die Note Österreich-Ungarns an Serbien Ende Juli schreckte auch
mich in Straßburg auf. Niemand konnte ihren Ernst verkennen. Bald
wurde der Krieg gewiß. Die Diplomatie stellte die deutsche Armee
vor eine unendlich schwere Aufgabe. Mit großer Spannung sah ich
nach Berlin und empfand es jetzt, daß ich abseits aller großen Ereignisse
stand.
III.
Am 1. August wurde die Mobilmachung ausgesprochen. Meine Frau
war sogleich nach Berlin abgereist, da alle Offizier- und Beamtenfamilien
Straßburg verlassen mußten. Wir haben während der vier Kriegsjahre
uns kein eigenes Heim einrichten können. Ich konnte meine Frau nur
ganz selten wie im Fluge sehen. Meine Familie ist zu kurz gekommen in
dieser gewaltigen Zeit, da mich der Dienst dauernd band.
Ich fuhr am 2. August früh mit meinen Pferden über Cöln nach
Aachen, wo ich abends eintraf. Meine Mobilmachungsbestimmung ließ mich
Oberquartiermeister bei der 2. Armee werden, deren Oberbefehlshaber
General v. Bülow, Chef General v. Lauenstein waren.
Ich trat zunächst zum General v. Emmich, der die Aufgabe hatte, mit
einigen schnell mobilgemachten, gemischten Infanterie-Brigaden, die aber
nicht die volle Kriegsstärke hatten, die Festung Lüttich durch Überraschung
zu nehmen. Dem Heere sollte hierdurch der Weg nach Belgien hinein frei-
gemacht werden.
Mein Quartier in Aachen war das Hotel Union.
Am 3. August früh traf General v. Emmich ein. Ich sah ihn zum
ersten Male. Tiefe Hochachtung verband mich von da ab mit diesem be-