Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Neue Grundsätze für die Abwehrschlacht 507 
  
sich immer mehr und mehr. Höhere Anforderungen an den unteren 
Führer bis herab zum einzelnen Mann zu stellen, war bei der immer 
schlechter werdenden Ausbildung des Offizier-, Unteroffizier= und Mann- 
schaftsersatzes und dem damit verbundenen Sinken der Mannszucht ein 
gewagtes Unternehmen, dessen Erfolg von vielen bedeutenden Militärs 
bezweifelt wurde. 
In meinem Stabe gingen die Wogen hoch; auch ich mußte mich durch- 
ringen und machte mich zum Vertreter der neuen Taktik. Alles, was auch 
weiterhin die Sommeschlacht für Artillerie= und Fliegerverwendung sowie 
für das Zusammenwirken der Waffen gelehrt hatte, wurde in der neuen 
Vorschrift verwertet. Sie wurde ein Lehrbuch für das gesamte Heer und die 
Armeen unserer Verbündeten, soweit es die Verhältnisse bei ihnen zuließen. 
Ohne diese Einschränkung war diese Vorschrift gefahrvoll; den in ihr fest- 
gelegten Anforderungen konnten nur Truppen entsprechen, die, wenn auch 
nicht mehr erstklassig ausgebildet, so doch von dem Gefühl selbstloser Hin- 
gabe und echter Mannszucht durchdrungen waren. 
Die „Abwehrschlacht“ fand ihre Ergänzung durch die „Ausbildungsvor- 
schrift für die Fußtruppen im Kriege“, die bei dem Armee-Oberkommando 
des Generals Fritz v. Below aufgestellt wurde. Sie legt Zeugnis von dem 
tiefen Verständnis dieses bedeutenden Generals für das Wesen unserer 
Infanterie ab. In meinem Stabe entstand noch eine größere Zahl anderer 
Vorschriften für die Sonderwaffen und für den Stellungsbau. Die Aus- 
bildungsvorschrift für die Artillerie wurde im laufenden Winter noch nicht 
beendet. Die „Abwehrschlacht“ enthielt ihre wesentlichsten Punkte. Es 
hatte sich im Laufe des Krieges herausgestellt, daß die „Schießkunst“ noch 
nicht zum alten Eisen geworfen werden durfte, daß sie vielmehr recht 
erheblich zu vertiefen sei. Zu diesem Zweck wurden besondere schieß= und 
waffentechnische artilleristische Monatsblätter durch den General der Artil- 
lerie im Großen Hauptquartier an die Truppen verteilt. 
Auf allen Gebieten herrschte ein reges geistiges Leben im Heere. Wir 
standen im engsten Gedankenaustausch mit der Truppe. Die Armee er- 
hielt wohl das Beste, was überhaupt zu geben war. 
Vorschriften auf dem Papier allein nützten nichts, sie mußten in 
Fleisch und Blut des Offiziers und des Mannes übergegangen sein. Wir 
schufen einen Kursus für höhere Truppenführer und Generalstabsoffiziere 
bei Valenciennes zur Klärung der Anschauungen über die Abwehrschlacht. 
Auch der deutsche Kronprinz führte bei Sedan ähnliches ein. 
Bei den Armeen waren Lehrkurse aller Art insonderheit für die Aus- 
bildung junger Offiziere als Kompagnieführer und der Unteroffiziere ein- 
gerichtet. 
Für alle Waffen bildeten die Erhaltung und Festigung der Mannszucht 
20“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.