Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

318 Die Grundlage der weiteren Kriegführung und das Kriegsinstrument 
  
land und Frankreich hielten Rußland viel zu fest. Stürmer war hier seit 
langem Ministerpräsident. Man sprach jetzt wieder einmal von Friedens- 
möglichkeiten unter seiner Mitwirkung. Selbstverständlich wäre auch mir 
ein Frieden mit Rußland sehr erheblich lieber gewesen als die ganze pol- 
nische Armee, zumal mit dem Königreich Polen, dem ich, aus der Provinz 
Posen gebürtig, in meinem innersten Herzen ablehnend gegenüberstand. 
Die polnische Armee konnte nur wenige Divisionen bringen, die gegenüber 
einer Entlastung Deutschlands durch den Wegfall Rußlands aus der Zahl 
seiner Feinde vollständig verschwanden. Das war ein sehr einfaches 
Rechenexempel. Man braucht darüber kein Wort zu verlieren. Der Übel- 
stand lag daran, daß auch in diesem Fall Wünsche und Hoffnungen noch 
lange keinen Frieden machen, und über das Wünschen und Hoffen kamen 
Reichsleitung und Diplomaten nicht hinaus. Sie fühlten wohl auch selbst, 
daß dies keinen Untergrund hatte, sonst hätten sie im August kein polnisches 
Programm aufgestellt, das sich scharf gegen Rußland richtete. Es ver- 
blieb auch jetzt nur bei Betrachtungen über den Frieden, wie sie jeden 
Tag angestellt werden konnten. Von einer nur einigermaßen greifbaren 
Möglichkeit, mit Stürmer überhaupt in Verbindung zu treten, war 
nicht die Rede, ebenso wenig von auch nur den entferntesten Versuchen 
Stürmers. An eine Friedensmöglichkeit mit Rußland glaubte niemand. 
Die Kriegslage im September und Oktober war nicht danach angetan, auch 
wenn die Entente schon im Oktober einsehen mußte, daß der große An- 
sturm im Herbst 1916 nicht gelingen würde. Am 21. Oktober sprach sich 
der Reichskanzler dahin aus, daß zur Zeit keinerlei Aussicht auf Sonder- 
frieden mit Rußland bestehe. Dieses sei viel zu abhängig von England. 
* 
Ich hatte, um der Obersten Heeresleitung die Grundlagen für die 
weitere Kriegführung zu schaffen und das Kriegsinstrument zu kräftigen, 
ein weites und tiefes Arbeitsfeld zu beackern. Ich konnte naturgemäß nicht 
überall selbst die Pflugschar führen und säen. Wo ich verständnisvolle Mit- 
arbeit und die gleich ernste Auffassung vom Kriege fand, da ging gute 
Saat auf, oft aber sproßte es nur kümmerlich, und das Feld trug keine 
Frucht; auch Unkraut kam auf und überwucherte, was bis dahin gut ge- 
standen hatte.
	        
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