322 Der Entente-Angriff im ersten Halbjahr 1917
Schlacht, dann kam die Bergung unseres gesamten Materials, soweit es
nicht in der Stellung eingebaut war, und von Kriegsrohstoffen sowie end-
lich die Zerstörung der Verkehrswege, Ortschaften und Brunnen, um dem
Feinde für die nächste Zeit ein Festsetzen vor der neuen Stellung mit
stärkeren Kräften zu verwehren. Ein Vergiften der Brunnen war ver-
boten.
Der Entschluß, die Front zurückzunehmen, war ungemein schwer. Es
lag darin ein Eingeständnis unserer Schwäche, das beim Feinde er-
hebend, bei uns niederdrückend wirken mußte. Da er aber militärisch ge-
boten war, so blieb keine Wahl. Er mußte zur Tat werden. General
v. Kuhl und ich waren hierüber in dauernder Verbindung. Der General--
feldmarschall und Seine Majestät willigten ein. Am 4. Februar erging
der Befehl, Alberich plangemäß auszuführen. Der erste Alberichtag
war der 9. Februar. Der Rückzug mußte demnach am 16. März be-
ginnen, konnte aber unter feindlichem Druck auch jederzeit früher ein-
geleitet werden. Dabei wäre neben einem großen Materialverlust ein Teil
der operativen Wirkung, der in den Zerstörungsarbeiten lag, verloren ge-
gangen. Gleichzeitig erhielt Oberstleutnant Nicolai Weisungen zur Irre=
führung des Feindes durch besondere Nachrichten, die diesem zuzuleiten
waren. Er sowohl wie Oberst v. Haeften hatten auf die eigene wie die
neutrale Presse einzuwirken, um die geschilderten Eindrücke nicht auf-
kommen zu lassen. Ich unterrichtete den Reichskanzler persönlich über die
Absichten.
Die Albericharbeiten nahmen ihren planmäßigen Verlauf. Sie ge-
langen vollständig. Aus dem zu räumenden Gebiet wurden viele Kunst-
schätze geborgen und nach den Bestimmungen der Haager Landkriegsord-
nung in dem besetzten Gebiet aufbewahrt. Daß viel Hab und Gut der
Bewohner verdarb, war tief bedauerlich, aber nicht zu vermeiden. Die
Bevölkerung wurde großenteils nach Osten abgeschoben, nur zum kleinen
Teil in einigen Ortschaften, z. B. Noyon, Ham, Nesle, versammelt und, für
mehrere Tage mit Lebensmitteln versehen, zurückgelassen. Auf der einen
Seite durfte der Gegner durch wehr= und arbeitsfähige Bewohner keinen
neuen Kräftezuwachs erhalten, auf der anderen Seite war es erwünscht,
ihm möglichst viel Esser zuzuschieben.
An der englischen Sommefront hatte die Kampftätigkeit nie ganz auf-
gehört. Anfang März mehrten sich die Anzeichen für den Wiederbeginn
der Schlacht nördlich der Somme. Auch südlich Roye traten Angriffs-
absichten der Franzosen schärfer hervor. Ob beides durch unsere Maß-
nahmen hervorgerufen wurde, muß dahingestellt bleiben. Es war eine
starke Nervenprobe für die örtlichen Führer, trotzdem den Zeitpunkt fest-
zuhalten, der ursprünglich für den Beginn der Bewegung angesetzt war