Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

324 Der Entente-Angriff im ersten Halbjahr 1917 
  
was wir durch die Alberichbewegung und Besetzung der Siegfriedstellung 
erreichen wollten, war vollständig eingetreten. Es hat lange vorgehalten. 
Die Rückwärtsbewegung hat sich in hohem Maße bezahlt gemacht. Alle 
Führer wünschten, das deutsche Heer hätte recht viele solcher Siegfried- 
stellungen mit ihren Betonunterständen gehabt, das Kriegführen 1918 wäre 
leichter geworden. Es fehlten aber die Arbeitskräfte zu deren Bau. Gute 
Stellungen verloren später auch durch die Tanks, die über die breitesten 
Hindernisse hinwegfuhren, an Stärke. 
Daß die Entente uns der sehr nachhaltigen Zerstörungen und der 
Verschiebung der Bevölkerung wegen von neuem Hunnen nannte und alle 
Register ihrer Propaganda wider uns aufzog, mußten wir hinnehmen. Das 
war ihr Recht. Wir hatten auf Grund des Kriegsrechts gehandelt, nicht 
einmal in dem Umfange wie die Kriegführenden im Sezessionskriege in 
Nordamerika. Bei dem Rückzug in Polen 1914 waren wir mit dem Lande 
schonend verfahren. Da setzte ich bei den weiten Entfernungen meine 
Hoffnung allein auf die Zerstörung der Bahnen. Hier, bei den ge- 
ringen Entfernungen, mußte das Land härter getroffen werden. 
Damals konnten wir die Bewohner des feindlichen Landes unbehelligt 
lassen, jetzt verlangten Menschlichkeit und Notwehr, daß wir die Bevölke- 
rung verschoben. Sollten wir sie in den zerstörten Orten verkommen 
lassen? In allen unseren Maßnahmen entschieden allein die Kriegsnot- 
wendigkeiten. Im übrigen waltete die Menschlichkeit, die nur möglich war. 
Wir waren doch zu groß, um das Unglück anderer durch ungerechtfertigte 
Härten und böswillige Maßnahmen zu erhöhen. So war es nicht nur 
hier, so war es allerorts. Wir gingen nur da mit Schärfe vor, wo es, zum 
Beispiel in der Spionageabwehr, unsere militärische Sicherheit erforderte. 
II. 
In strategischer Auswertung unserer rückwärtigen Bewegung rechnete 
ich Ende März mit einer Verschiebung des englischen Angriffs nach Norden. 
Wo er stattfinden würde, war mit Sicherheit nicht zu übersehen. Ein An- 
griff bei Arras lag nahe. 
Bei der 3. Armee hatte Mitte Februar 1917 auf dem Schlachtfelde der 
Septemberkämpfe 1915 in der Champagne eine örtliche Unternehmung zur 
Stellungsverbesserung stattgefunden. Sie war geglückt. Unter dem er- 
beuteten Material befand sich ein Befehl der 2. französischen Inf. Div. vom 
29. Januar, der mit Sicherheit auf einen großen französischen Angriff an 
der Aisne für April hinwies. Dies war ein ungemein wichtiger Anhalts- 
punkt. Den Nachrichten, die von Angriffen in Lothringen und im Sund- 
gau sprachen, wurde von nun an wenig Beachtung geschenkt.
	        
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