334 Der Entente-Angriff im ersten Halbjahr 1917
Der Engländer begnügte sich aber mit seinem großen Erfolg und setzte
wenigstens am 9. April den Angriff nicht weiter fort.
In Kreuznach beging ich an diesem Tage meinen Geburtstag. Ich
hatte dem erwarteten Angriff mit Vertrauen entgegengesehen und
war nun tief niedergeschlagen. Sollte das das Ergebnis aller Sorgen
und Mühen des letzten halben Jahres sein? Waren die Vorschriften
der „Abwehrschlacht“ falsche gewesen, und wenn dies der Fall war,
was dann? Die Vorgänge der Schlacht konnte ich im einzelnen noch nicht
übersehen.
Ich ließ mir Offiziere kommen, die die Schlacht in vorderster Linie mit-
gemacht hatten, und gewann auch durch Ferngespräche den Eindruck, daß
die von der Obersten Heeresleitung gegebenen Grundsätze richtig waren.
Sie nun aber auch richtig anzuwenden, das war die Kunst der Führung.
Hier hatte zudem eine Division, die sonst als gut galt, versagt.
Die Schlacht bei Arras am 9. April bildete einen schlechten Beginn des
Entscheidungskampfes in diesem Jahre.
Der 10. April und die darauffolgenden Tage waren kritische Tage.
Eine Einbruchsstelle von 12 bis 15 km Breite und bis zu 6 und mehr Kilo-
metern Tiefe ist nicht ohne weiteres zu stopfen. Bei dem übergroßen Aus-
fall an Menschen und Geschützen nebst Munition, den solcher Einbruch ver-
ursacht, gehört sehr viel dazu. Aufgabe der Obersten Heeresleitung war es,
für Reserven im großen zu sorgen. Es war aber bei den vorhandenen
Truppen und der Kriegslage einfach nicht möglich, gleich hinter jeder viel-
leicht ausfallenden Division eine zweite zu haben. Ein Tag wie der
9. April warf alle Berechnungen über den Haufen. Es mußten Tage
vergehen, bis eine neue Front sich wirklich bilden und festigen konnte.
Die Beendigung der Krise hing, auch wenn schließlich die Truppen
da waren, wie immer in solchen Fällen sehr wesentlich davon ab,
ob der Feind nach seinem ersten Siege weiter angriff und uns das
Bilden einer festen Front durch neue Erfolge erschwerte. Bei der einmal
eingetretenen Schwächung waren solche nur zu leicht zu erringen.
Der Engländer griff vom 10. ab in der Einbruchsstelle in großer
Stärke, aber schließlich doch nicht großzügig an; er dehnte seinen Angriff
nach beiden Seiten, namentlich nach Süden bis Bullecourt, aus. Am
11. gewann er Monchy, während wir in der Nacht zum 12. die Vimyhöhen
räumten. Der 23. und 28. April sowie der 3. Mai waren wiederum
schwere Großkampftage. Zwischendurch wurde örtlich erbittert gerungen.
Die Kämpfe hielten weiterhin an, wir machten kleinere erfolgreiche
Gegenangriffe und erlitten andererseits hier und dort geringere Gelände-
verluste.
Der Oberbefehlshaber der 6. Armee, Generaloberst Frhr. v. Falken-