342 Der Entente-Angriff im ersten Halbjahr 1917
rückens hätte einen französischen Erfolg bedeutet und niederdrückend
auf die Truppen gewirkt, die ihn so tapfer gehalten hatten. Die Heeres-
gruppe Deutscher Kronprinz und die 7. Armee wollten in einer Reihe
kleinerer Unternehmungen Stellungsverbesserungen vornehmen, um zu
einer Linienführung zu kommen, die als Dauerstellung geeignet war. Dies
entsprach auch den Ansichten der Obersten Heeresleitung. In vielen, mit
großer Umsicht von den beteiligten Kommandobehörden vorbereiteten
und von der Truppe geschickt ausgeführten Kämpfen wurde hier nach und
nach eine günstigere Front geschaffen und der Geist der Truppe
neu belebt.
Auch General v. Gallwitz, der Oberbefehlshaber der 5. Armee, wollte
aus diesem Grunde auf dem westlichen Maasufer eine örtliche Stellungs-
verbesserung vornehmen, die die dortige Gruppe für besonders wichtig
hielt. Die Heeresgruppe Deutscher Kronprinz befürwortete die An-
träge, und die Oberste Heeresleitung stimmte zu. Die Angriffe am 18. und
19. Juni hatten Erfolg. Es trat hier aber dasselbe in Erscheinung wie
an anderen Orten: daß das Angreifen leichter ist als das Halten des Ge-
wonnenen.
Bei jedem derartigen Angriff im Stellungskriege, wie ihn die 7. und
jetzt die 5. Armee führten, wurde mit feindlichen Gegenstößen gerechnet,
ihre Abwehr daher bei der Kräfte= und Munitionsberechnung, die die Oberste
Heeresleitung sich einreichen ließ, mitberücksichtigt. Wir wollten jedem
uferlosen Plan vorbeugen. Trotzdem alles auf diese feindlichen Gegen-
angriffe eingerichtet war, gelangen sie nur gar zu oft. Die 7. Armee war
ihrer Herr geworden. Vor Verdun entrissen uns die Franzosen wieder
zum größten Teil den Gewinn. Ich war froh, als die Kämpfe dort abge-
schlossen waren, und nicht zufrieden, daß ich die Angriffe bei Verdun zu-
gelassen hatte. Ebensowenig wie als Chef im Osten war ich jetzt ein Freund
des „Herumbataillierens“, bei dem der Gewinn die Verluste nicht aufwog.
Bei der 4. Armee saß der Engländer noch seit 1914 in einem engen
Brückenkopf hart an der Küste auf dem östlichen Merufer. Diese Stelle
blieb immer ein schwacher Punkt des Marinekorps. Die 4. Armee, der
dies Korps unterstand, erhielt die Genehmigung, diesen Brückenkopf zu
nehmen. Am 10. Juli fand der Angriff statt. Er gelang in frischem
Ansturm: die er verhinderte wirkungsvoll alle feindlichen Gegenstöße.
Trotz der harten Kämpfe um den Wytschaete-Bogen in der ersten
Junihälfte und anderen Kämpfen an der englischen Front war doch die
Gefechtstätigkeit im Westen von Mitte Mai bis in den Juli hinein eine
derartige gewesen, daß sich die Truppen wenigstens teilweise kräftigen und
wir uns Reserven schaffen konnten. Das Westheer war wohl vorbereitet,
als sich im Osten die Ereignisse zuspitzten.