354 Der Entente-Angriff im ersten Halbjahr 1917
Geschäft. Schwarzseher sind immer kluge Leute; wenn das Unglück eintritt,
dann werden sie wegen ihrer Weisheit angestaunt. Die Menge streut ihnen
und damit auch sich Weihrauch. Sie hat das Unglück immer vorausgesehen.
Tritt es nicht ein, dann sind Schwarzseher und Menge erst recht zufrieden.
Beide haben es immer gut. Die Männer der Tat sind schlechter daran.
Sie sind nur gerechtfertigt, wenn Erfolg eintritt. Dann jubelt ihnen aller-
dings die Menge zu. Wird der Erfolg nicht erzielt, kommt sogar Unglück,
dann steinigt dieselbe Menge jene Männer der Tat. Schwarzseher und
Menge fragen nicht, was haben sie, was haben die Männer der Tat zur
Verhütung des Unglücks getan. Von der urteilslosen Masse ist dies nicht
zu erwarten. Ich bin aber überrascht, daß Graf Czernin denselben Weg
geht. Hat er sich und der Welt Rechenschaft darüber gegeben, was er in
der Lage, die er vorgefunden, Tatsächliches vollbracht hat, um den Krieg
nicht zu verlieren und um sein und seiner Bundesgenossen Land vor Un-
glück und Schmach zu bewahren?
Leider hat es Graf Czernin unterlassen, uns früher die Tatsachen mit-
zuteilen, die erst durch dieselbe Rede zu meiner Kenntnis gekommen sind.
Er sagte nämlich:
„Es haben verschiedene Male Fühlungnahmen zwischen unseren und
Vertretern der Entente stattgefunden, aber diese Fühlungnahmen haben
sich leider niemals bis zu konkreten Bedingungen verdichtet. Wir hatten
öfter den Eindruck, daß wir imstande seien, einen Separatfrieden ohne
Deutschland schließen zu können, jedoch niemals wurden uns die konkreten
Bedingungen genannt, unter welchen Deutschland seinerseits Frieden
schließen könne. Niemals wurde uns vor allem erklärt, daß Deutschland
seinen vorkriegerischen Besitzstand würde behalten können.. Dadurch,
daß die Entente niemals erklären wollte, daß sie mit einem Deutschland
sprechen wolle, welches keine Eroberungsabsichten habe, daß die Entente
immer erklärte, sie wolle Deutschland vernichten, zwang sie uns gewaltsam
den Verteidigungskrieg für Deutschland auf und erschwerte unsere Rolle in
Berlin ganz unermeßlich.“
Solche Worte hätten, wenn sie eher gesprochen wären, das Gerede
vom Versöhnungsfrieden bei uns zum Verstummen gebracht und unseren
Kriegswillen zum Segen des Vaterlandes von neuem entfacht.
Graf Czernin hat geschwiegen. Er hat damit eine ungeheure Ver-
antwortung auf sich geladen. Oder hat er den Reichskanzler verständigt,
und hat dieser es unterlassen das Volk aufzuklären? Das deutsche Volk
hat ein Recht auf Wahrheit.
Nicht nur in Berlin, wie Graf Czernin meint, sondern auch in Wien
fehlte der Staatsmann, der den Aufgaben dieses Krieges gewachsen war
und der gemeinsam mit den Führern am Feinde den Sieg erkämpfte.