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358 Der Entente-Angriff im ersten Halbjahr 1917
nachgäben, solange beim Feinde keine Friedensneigung durchbräche, war
im Anmarsch.
Die Oberste Heeresleitung sah und betonte bei der starken Haltung der
feindlichen Regierungen mit steigender Sorge den Stimmungsniedergang
der Heimat, namentlich in Berlin, der notgedrungen auf den Geist des
Volkes und des Heeres verderblich einwirken mußte. Der Generalfeld-
marschall hatte Seiner Majestät schon verschiedentlich darüber Vortrag ge-
halten, wie sehr die Oberste Heeresleitung die Unterstützung des Reichs-
kanzlers vermisse. Noch viel häufiger waren wir an diesen herangetreten,
unsere innere Kriegsfähigkeit zu festigen.
Am 19. Juni 1917 schrieb der Generalfeldmarschall v. Hindenburg
an ihn, indem er vor der Anschauung warnte, der Krieg würde spätestens
im Herbste beendet sein:
„Diese Gefahren (des U-Bootkrieges) werden sicher von klar denken-
den Leuten unter unseren Feinden erkannt. Wenn sie trotzdem für die
Fortsetzung des Krieges sind, so rechnen sie darauf, daß der Zusammen-
bruch Deutschlands und seiner Bundesgenossen vor dem eigenen erfolgt.
Diesen Zusammenbruch erhoffen sie vielleicht militärisch durch einen Sieg
zu Lande herbeizuführen, vor allem aber erwarten sie ihn in wirtschaft-
licher und innerpolitischer Beziehung, d. h. durch Ernährungsschwierig-
keiten und Rohstoffmangel, durch Uneinigkeit, Unzufriedenheit und den
Sieg der deutschen radikalen Sozialdemokratie. Sie gründen sich dabei
auf das Nachlassen unserer inneren Widerstandskraft, auf das Anwachsen
internationaler Strömungen, auf unsere Ernährungslage und auf unsere
leider an vielen Stellen laut verkündete Friedenssehnsucht.
Ein Erstarken unserer inneren Kraft wird aber unsere Gegner auch
am ehesten von der Nutzlosigkeit, den Krieg bis zur beginnenden Zerstö-
rung ihrer eigenen Lebensbedingungen fortzusetzen, überzeugen. Hin-
gegen wird jede Klage über fehlgeschlagene Hoffnungen, ein jeder Aus-
druck von Erschöpfung und Friedenssehnsucht bei uns und unseren Bundes-
genossen, jedes Wort über eine angebliche Unmöglichkeit, einen weiteren
Winterfeldzug zu überstehen, mit Sicherheit kriegsverlängernd wirken.“
Der Reichskanzler antwortete darauf unter dem 25. Juni in ungemein
gedrückten Wendungen. Das Denken des Reichskanzlers war anders als das
unfrige. Er fand keinen Ausweg aus der Lage und noch weniger die Kraft zum
Handeln. Er befürchtete jenen „Helotenfrieden“, sprach aber von Verständi-
gungsfrieden, obschon er selbst die Friedensgeneigtheit Englands hierfür als
Voraussetzung ansah und daran verzweifelte, Lloyd George hierzu zu bringen.
Seine Ansicht in bezug auf die Lage im Innern wurde indes bald
zuversichtlicher, wie wir das aus einem Telegramm an den Kaiser vom
5. Juli feststellen konnten.