Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

410 Die Schlacht in Flandern und der Zusammenbruch Rußlands 
  
deshalb nötig, an der rumänischen und kleinasiatischen Front auf der 
gleichen Grundlage in Sonderverhandlungen einzutreten. Sie führten 
ebenfalls zu einem vollen Ergebnis. Der Waffenstillstand von Focsani 
wurde am 9. Dezember geschlossen. Es ist nützlich, unsere Bedingungen 
mit denen zu vergleichen, die der Vernichtungswille der Entente den Vier- 
bundmächten auferlegte. 
Nach drei Jahren gewaltigen Ringens ruhten die Waffen an der 
ganzen Front. Was deutsche Führung und Truppen in dieser langen Zeit 
gegen eine gewaltige Übermacht kämpfend geleistet hatten, wird stets ein 
durch nichts zu löschendes Ruhmesblatt vaterländischer Geschichte und des 
deutschen Mannes bleiben, der hier gestritten und geblutet hat. 
Das Ziel, das ich militärisch mit äußerster Anspannung aller, auch 
meiner Kräfte in der zweiten Jahreshälfte angestrebt hatte, war erreicht. 
Die Westfront hatte gehalten, die italienische Armee war geschlagen, 
und die k. u. k. Armeen in Italien waren von frischem Geiste be- 
lebt. Die mazedonische Front stand fest. Im Östen waren die Waffen- 
stillstandsverhandlungen beendet, der Weg zum Frieden für die Diplo- 
maten freigemacht. Die Verhandlungen sollten um Weihnachten in Brest- 
Litowsk beginnen. Wir hatten Aussicht, den Krieg siegreich zu beenden. 
Nur in Kleinasien war nicht alles gut verlaufen, das trat gegen die 
großen Ereignisse in Europa vollständig zurück. 
Truppen und Führer, die im Westen gekämpft hatten, konnten sich 
mit Stolz sagen, daß ihre Leistungen die Grundlage für dieses gewaltige 
Ergebnis waren. Durch das Standhalten im Westen war der Feldzug 
im Osten und gegen Italien gewonnen. Auch hier hatte der deutsche 
Mann Hereisches geleistet. 
Wie im Vorjahre hatte das Zusammenarbeiten der Obersten Heeres- 
leitung mit den Verbündeten Großes erzielt. 
Die Entente stand unter dem Eindruck dieses Umschwunges der 
Kriegslage. Sie hatte noch die Hoffnung auf Amerika. Die Stimmung in 
Frankreich war aber trotzdem seit der Aisne-Champagne-Schlacht unsicher 
geblieben. Im November wurde Clemenceau Ministerpräsident. Er war 
der stärkste Mann Frankreichs. Er hatte 1870/71 miterlebt und war seit- 
dem einer der glühendsten Vertreter des Revanchegedankens. Clemenceau 
wußte genau, was er wollte. Er trieb nur Kriegspolitik, unterdrückte jede 
Friedensregung und festigte den Geist seines Landes. Sein Vorgehen 
gegen Caillaux zeigte klar, was wir von ihm zu erwarten hatten. Auch 
er dachte nur an den Sieg und stellte, wie Lloyd George, sein Land hinter 
sich. Die feindliche Kriegführung gewann gewaltig an Kraft. Ebenso 
wurde in Amerika der Kriegswille immer ausgesprochener. Die Regierung 
griff auch dort mit größter Schärfe gegen alles Denken an den Frieden
	        
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