432 Die Vorbereitungen für den Angriff im Westen 1918
mußte. In welchem Umfange sie auftreten würden, war nicht zu übersehen;
wohl aber blieb mit Sicherheit anzunehmen, daß sie bei der Entente den
russischen Kräfteausfall nicht ersetzen konnten, daß aber im Frühling das
Kräfteverhältnis für uns günstiger sein würde als später im Laufe des
Sommers und Herbstes, es sei denn, daß wir bis dahin einen großen Sieg
davongetragen hatten.
Die Oberste Heeresleitung stand im Spätherbst vor der entscheidenden
Frage: Konnte sie die im Frühjahr bestehende Gunst der Verhältnisse zu
einem großen Schlage im Westen ausnutzen oder sollte sie sich, ohne diesen
Versuch zu machen, planmäßig auf die Verteidigung beschränken und nur
Nebenangriffe, etwa in Italien oder Mazedonien, ausführen?
Der Vierbund wurde allein durch die Hoffnung auf einen Sieg der
deutschen Waffen zusammengehalten.
Die k. u. k. Armee war müde; sie hatte 1 800 000 Mann an Gefange-
nen verloren, Ersatz mangelte ihr. Ihre Gefechtskraft war gering, gegen
Italien hatte sie im wesentlichen genügt. Fiel Rußland tatsächlich aus,
dann war zu hoffen, daß die Armee auch ferner ihrer Aufgabe entsprechen
würde. Ob sie Kräfte für weitere Zwecke freibekäme, war zweifelhast.
Zu erwarten blieb, daß, wie bereits im Jahre 1917, so auch 1918
eine Erklärung der k. u. k. Regierung erfolgen würde, daß die Armee
nicht mehr über eine gewisse Zeitspanne mitkämpfen könne. Der Fall
war ins Auge zu fassen, daß Österreich-Ungarn tatsächlich am Ende
seiner militärischen Kraft angekommen sei. Daß die politische Stärke dann
nicht eine Stunde länger reichen würde, war klar. Nur das Heer hielt noch
die Doppelmonarchie zusammen.
Die bulgarische Armee hatte hinreichenden Ersatz; allerdings sah
sich Bulgarien gezwungen, zahlreiche stammfremde Elemente einzustellen.
Die Truppen hatten sich im Jahre 1917 leidlich geschlagen, ihr Geist war
gehoben. Die Verkehrseinrichtungen hinter der ganzen Front waren in Ord-
nung gekommen. Der Einfluß des deutschen Heeresgruppenkdmmandos
und der sonstigen deutschen Kommandostellen hatte sich vertieft. Diese
Einwirkung reichte aber nur so weit, wie die deutsche Kommando-
gewalt ausgeübt wurde. Durch Schulen des Heeresgruppenkommandos
wurde die Ausbildung der gesamten Armee gefördert. Es sah den
kommenden Kämpfen dank seiner Arbeit mit gewisser Zuversicht ent-
gegen. Ich unterhielt mich oft mit General Gantschew und bat ihn, auch
seinerseits auf Kräftigung der bulgarischen Armee hinzuwirken. Er sah
deren Lage auf Grund der Ereignisse des vergangenen Jahres als
gesichert an, mur die Mobilmachung der griechischen Armee machte ihm
Sorge. Daß er natürlich deutsches Kriegsgerät und deutsche Truppen
nicht genug beantragen konnte, lag in der Aufgabe seines Amtes. Aus