Metadata: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

66 Einleitung. 
7. Verf.-Urkunde vom 31. Januar 1850. 
Art. 7. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. Ausnahme-Gerichte und 
außerordentliche Kommissionen sind unstatthaft ? b). 
Art. 8. Strasen können nur in Gemäßheit des Gesetzes angedroht oder verhängt werden. 
§. 80. Auch Rechtsstreitigkeiten zwischen dem Oberhaupte des Staates und sei- 
nen Unterthanen sollen bei den ordentlichen Gerichten, nach den Vorschriften der Ge- 
setze, erörtert und entschieden werden. 
8. K. O. vom 4. Dezember 1831 und Bericht des Staatsministeriums vom 
1 6. Nov. 1831 (G. S. S. 255). 
Der §. 80 wendet den Grundsatz des S. 79 nur auf die privatrechtlichen Verhältnisse des Lan- 
desherrn an, um auszudrücken, daß auch für diese kein spezieller und außerordentlicher Gerichtsstand 
stattfinden dürse, daß also Prozesse des Landesherrn aus fiskalischen Rechten und Nutzungen (II, 14, 
S. 11 ff. u. Pr. O. Tit. 35, §. 1) und aus Privathandlungen (II, 13, §., 18) den ordentlichen Ge- 
richten zu überweisen sind. 
Die Gerichte müssen innerhalb der durch die Gesetze und die Gerichtsordnung ihnen vorgezeichne- 
ten Grenzen das prozessualische Verfahren und die richterliche Entscheidung wider fiskalische Behörden 
in Vertretung der Staatsverwaltung auf Gegenstände des Privatrechts beschränken und sich enthalten, 
Gegenstände des Majestätsrechts auf das Gebiet privatrechtlicher Verfügungen zu ziehen?). 
  
87 b) (4. A.) M. s. unten im Tit. 13, Th. II die Anm. 5 zu diesem Art. 7. 
88) Diese K.O. und die ihr zum Grunde liegende Belehrung der Gerichte seitens des Ministe- 
riums ist darauf berechnet, den Unterschied den Fiskus (des Staats als Erwerbsgesellschaft oder als 
Subjekes von Privatrechten) und der Majestäts= und Hoheitsrechte (des Staats als Gesellschaft zur 
Verwirklichung des Staakszwecks) in Erinnerung zu bringen. In der zweiten Eigenschaft giebt es für 
den Staat und dessen Oberhaupt keinen Richter; was er in dieser Eigenschafr thut, dafür ist der Fiskus 
oder die Staatskasse nicht verantwortlich, Niemand kann für Nachtheile, welche ihm durch Regierunge- 
handlungen entstehen, Ersatz fordern, wenn nicht ein besonderes Gesetz eine Ausnahme vorschreibt. 
Daher ist z. B. eine Klage gegen den Fiskus auf Ersatz erlittener Kriegsbeschädigungen (G. S. 1831, 
S. 355), oder auf Anerkennung der Ablosbarkeit einer Gewerbberechtigung (Pl.-Beschl. des Obertr. 
v. 30. Mai 1842, Entsch. Bd. VIII. Nr. X), oder auf Entschädigung, wenn das Privateigenthum Ein- 
zelner durch einen Akt der Gesetzgebung benachtheiligt wird (s. o. Anm. 84, Nr. 1L. 1), oder über Ver- 
waltungsansprüche an den Staat aus der Zeit der ehemaligen Fremdherrschaft in den neu und wieder- 
eroberten Prodinzen, sowie über solche Forderungen, welche aus einem Akte des Hoheitsrechtes jener 
Zeit hergeleitet werden (Entsch. des Komp.-Gerichtsh. vom 12. April 1862, J.M. Bl. S. 235), oder 
auf Entschädigung für die Rechte der Privatsalinen bei Einführung der Salzregie in Landestheilen, wo 
bis dahin der Salzhandel nicht Staatsmonopol war (Pr. des Obertr. vom 3. April 1856, Entscheid. 
Bd. XXXII. S. 160), oder auf Anfechtung der im Wege der Sakularisation erfolgten Einziehung von 
Stistungskapitalien (Erk. des Komp.-Gerichtsh. v. 3. Januar 1857, J. M. Bl. S. 231), oder auf Ent- 
schädigungsansprüche für Verluste, welche durch die in dem Reichs = Deputations = Hauptschlusse vom 25. 
ebr. 1803 angeordnete Aushebung des Rheinzolles den Betheiligten entstanden find (Enrsch, des Komp.= 
#erichtsh. v. 15. Oktober 1859, 5.M. B.. 1860, S. 326), — unzulässig. Man hat dagegen einge- 
wendet, der Satz sei staatsgesährlich, weil unwahr, wenn er bedeuten sollte, das unabhängige Staaks- 
oberhaupt sei befugt, seine Staatsgewalt nach Willkür zu gebrauchen, hierdurch wohlerworbene Rechte 
Einzelner, wäre es auch flir dringende Staatszwecke, ohne Schadloshaltung, wesentlich zu verändern, 
zu schmälern, vorzuenthalten, zu unterdrücken, und dieselben sich, den Domänen oder dem Fiskus 
zuzueignen. (Klüber, die Selbstständigkeit des Richteramtes, Frankf. 1932, S. 129 ff., und Mül- 
ler, Arch. für die neue Gesetzgebung aller deutschen Staaten, H. 2, S. 201 ff.) Allein dieser Zwei- 
felsgrund gehort in das ganz andere Kapitel der Expropriation und muß abgeklärt werden. Die Ex- 
propriation hat zwei Bestandtheile. Der eine ist der Ausspruch der Regierungsgewalt, daß ein bestimm- 
tes Subjekt die Befugniß haben solle, zu einem bestimmten Zwecke die Erwerdung einer Sache gegen 
deren Eigenthümer zu erzwingen (Ertheilung des Expropriationsrechts); dieser Akt ist wesentlich eine 
Regierungshaudlung und niemals Gegenstand einer richterlichen Beurtheilung. Der andere Theil, die 
Erwerbung selbst, gehört in das privatrechtliche Gebiet. Verordnet z. B. die Regierungsgewalt die Er- 
bauung einer Festung an eulem bestimmten Orte, so ist der Fiskus dieses Subjekt und muß die zu er- 
werbenden Grundstlcke, ebenso wie eine mit dem Expropriationsrechte beliehene Privaotperson, bezahlen. 
Jener Zweiselsgrund ist also nicht zutreffend. 
(14. A.) Die Sakularisation von Klostergütern kann, als ein Akt des landesderrlichen Hoheits-- 
rechts, nicht im Rechmwege angefochten werden. Dagegen ist der Rechtsweg zulässig, wenn es sich um
	        
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