Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Friede mit der Ukraine. Ultimatum an Trotzki 447 
  
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Kampffaktor mehr; aber die Entente stand auf der Lauer, ihre Front zu 
festigen, und die führenden Bolschewisten waren Männer der Tat, die 
durch Propaganda und — wenn ihnen Zeit gelassen wurde — auch ohne 
die Entente mit den Waffen wirken würden. 
Jeder Augenblick konnte ein Wiedererstarken der russischen Front auf 
dem einen oder dem anderen Wege bringen. Auch Rumänien würde 
nie Frieden schließen, solange nicht Rußland vorangegangen war. 
Jeder Angriff im Westen mußte dann aussichtslos erscheinen. Da— 
mit war auch die Gelegenheit versäumt, den Weltkrieg, den wir noch immer 
mit schwachen Bundesgenossen gegen eine starke Überlegenheit führten, 
siegreich zu beenden. Wir brauchten auch die Ukraine als Hilfstruppe gegen 
den Bolschewismus, erst recht durften wir sie ihm nicht ausliefern. Schon 
lagen von dort Hilfsgesuche vor. Woher sollte das Getreide beschafft 
werden, das Österreich-Ungarn nach Auskunft seiner zuständigen Stellen 
so dringend gebrauchte? Deutschland konnte es nicht geben, hierauf wäre 
das aber doch herausgekommen; es war selbst überaus knapp daran, 
hatte schon das Jahr vorher durch Frühdrusch auf Vorschuß gelebt und 
brauchte Zuschuß. Rumänien gab nicht mehr das, was erhofft wurde. Noch 
trüber waren die Ausblicke in die Zukunft, wenn die kommende Ernte bei 
uns und unseren Verbündeten nicht gut ausfiel, ebenso in Rumänien, das 
tatsächlich auch eine vollständige Mißernte haben sollte. Auf sich allein an- 
gewiesen, ohne jeden Zuschuß von außen, konnte Deutschland nicht leben, 
das beweist die schwere Not im Winter 1918/19. Sie wäre ohne die 
Ukraine sicher gekommen, selbst wenn die Zerstörung der staatlichen Ord- 
nung nicht mitgesprochen hätte. 
Der Frieden mit der Ukraine stand bei dem dortigen bolschewistischen 
Einschlag nur auf schwachen Füßen. Daß wir von dort, wenn der Frieden 
nicht eine die Welt betrügende Farce bleiben sollte, militärisch nachhelfen 
mußten, um Getreide zu erhalten, galt den Unterhändlern des Vierbundes 
als feststehende Tatsache. 
Um die Bildung einer neuen Ostfront durch den Bolschewismus selbst 
zu verhindern, mußte seinen uns gegenüber stehenden Truppen ein kurzer, 
starker Schlag versetzt werden, der uns auch Kriegsmaterial in Mengen 
bringen würde. Eine weite Operation kam hier zunächst nicht in Frage. 
In der Ukraine war der Bolschewismus zu unterdrücken, es waren auch 
dort derartige Verhältnisse zu schaffen, daß wir militärischen Nutzen aus ihr 
gewinnen und Getreide und Rohstoffe beziehen konnten; dazu mußten wir 
hier tief in das Land einrücken. Es blieb uns gar nichts anderes übrig. 
Um eine Kräftigung Rußlands durch die Entente zu verhindern, wie 
diese es damals noch anstrebte, waren ihre Truppen und Kriegsgerät an 
der Murmanküste festzuhalten. Geschah das nicht, so war mit Sicherheit
	        
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