Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

452 Die Vorbereitungen für den Angriff im Westen 1918 
  
  
der Erwartung befangen, daß es ihm gelingen werde, die Revolutionierung 
der anderen Staaten, vor allem Polens, Deutschlands, Englands, zu er— 
reichen und am Ende die ganze Welt zu einer Revolution zu bringen. 
Schließlich war es die russische Vertretung und nicht die deutsche Ver— 
tretung, die die Unterbrechung der weiteren Friedensverhandlungen herbei- 
geführt hat, die die Friedensverhandlungen abgebrochen und Deutschland 
geradezu gezwungen hat, den Kampf wieder aufzunehmen 
Wenn nun unter diesen Umständen die deutsche Regierung und ihre 
Verbündeten, als die russische Regierung mit dem Vorschlage kam, die 
Verhandlungen wieder aufzunehmen und einen nochmaligen Waffenstill- 
stand eintreten zu lassen, sich nicht ohne weiteres und unbedingt wieder auf 
Verhandlungen eingelassen, sondern ihre Bedingungen klipp und klar zur 
sofortigen Annahme oder Ablehnung aufgestellt haben, und wenn sie davon 
die Gewährung des Waffenstillstandes und die Wiederaufnahme der Ver- 
handlungen abhängig gemacht haben, so war das nach unserer Überzeugung 
durchaus berechtigt, sogar notwendig, und kein Mensch wird deshalb der 
Regierung einen Vorwurf machen dürfen.“ 
Diese Außerungen waren für mich wertvoll, ich erkannte, daß die 
Mehrheit des Volkes in dieser Frage hinter der Regierung stand. Leider 
aber vergaß der Reichstag bald, auf die von Rußland kommende revolu- 
tionäre Gefahr zu achten. 
Der Vormarsch hatte die deutschen Truppen, größtenteils Landwehr, 
in überraschend kurzer Zeit bis Narwa, Pleskau, Polotzk und Orscha Mogi- 
lew gebracht. Der Russe hatte keinen Widerstand geleistet. Die Beute an 
Kriegsgerät war außerordentlich. Die Bevölkerung fühlte sich vom Bol- 
schewismus befreit. Das neubesetzte Gebiet wurde vom Oberbefehlshaber Ost 
in Verwaltung genommen. Gegen Rußland wurde ein Grenzschutz gebildet, 
um das gesamte besetzte Gebiet im Osten wirtschaftlich auszunutzen, was 
dringend nötig war. Zugleich sollte das Einströmen der bolschewistischen 
Propaganda in das besetzte Gebiet und noch darüber hinaus nach Deutsch- 
land verhindert werden. Daß sie später regierungsseitig auf offiziellem 
Wege nach Berlin und Deutschland kam, konnte ich damals nicht an- 
nehmen. Die Oberste Heeresleitung hätte dann das Vergebliche ihrer 
Bemühungen eingesehen und voraussichtlich Menschen erspart. So geschah 
das, was der Oberbefehlshaber Ost und wir zum Schutz gegen die bolsche- 
wistische Gefahr für nötig hielten. 
Gleichzeitig mit dem Einmarsch in das bolschewistische Großrußland 
hatte der deutsche Vormarsch in die Ukraine begonnen. Ich war mit 
dem General v. Arz in dauernder Verbindung, um mit ihm die nötigen 
Vereinbarungen für gemeinsames Handeln zu treffen. Plötzlich schwenkte 
Kaiser Karl ab, er wollte seinen Völkern die Enttäuschung ersparen,
	        
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