Friedensverhandlungen mit Rumänien 455
Januar gebeten, mit den Reichsstellen in Berlin und dem Oberkommando
Mackensen diese Fragen grundlegend zu erörtern und festzustellen, was wir
zu fordern hätten. Diese Arbeiten gaben später eine Grundlage für die
Friedensverhandlungen ab. Sie waren nur zum Teil rein militärischer
Art, viel mehr griffen sie in das wirtschaftliche Leben des Volkes ein.
Diese Vorarbeiten wurden um so dringlicher, je mehr der Friedens-
schluß mit Rumänien — in Rücksicht auf den Angriff im Westen — be-
schleunigt werden mußte. An und für sich hätten wir auf Grund unserer
militärischen Lage einen Frieden schließen können, wie ihn die Entente uns
auferlegt, d. h. einen Gewaltfrieden. Dazu hatten wir keinen Anlaß.
Deutschland mußte in seinen Bedingungen dem Kriegszustande bis zum
allgemeinen Friedensschluß Rechnung tragen, für die Zeit nach demselben
hatte es an der Schwächung Rumäniens kein Interesse.
Es ist ein schwerwiegender Unterschied, ob ein Land, das noch weiter-
hin im Kriege mit der ganzen Welt steht, mit einem einzelnen Gegner einen
Frieden schließt, oder ob der ganze Weltkrieg beendet wird. Die Forde-
rungen müssen im ersten Fall der Kriegslage und den Kriegsbedürfnissen
viel schärfer Rechnung tragen als nach allgemeiner Einstellung der Feind-
seligkeiten. Anders ist es, wenn die Absicht vorliegt, wie sie jetzt die Entente
verfolgt, den Gegner nicht nur auf Jahrzehnte hinaus zu schwächen, son-
dern Staaten von der Landkarte zu streichen und ganze Völker in die
Sklaverei zu schleppen, so wie es bisher nur der barbarischen Kriegführung
des Altertums vorbehalten und eigentümlich war.
Das Hinübergleiten der ganzen Dobrudscha in bulgarische Hand, wie
es Bulgarien forderte, war für die Zukunft Deutschlands ungünstig. Mir
wäre es am liebsten gewesen, wenn die Norddobrudscha rumänisch blieb,
das entsprach meiner ganzen Stellungnahme in der Dobrudschafrage wäh-
rend der letzten fünf Vierteljahre. Das Weitere mußte ich der Diplomatie
überlassen. Sie hatte die Aufgabe, Bulgarien am Bündnis festzuhalten,
aber doch alle Nachteile auszuschließen, die daraus entstehen konnten, daß
auch die Weltverkehrsstraße Tschernawoda—Konstantza in bulgarische Hand
kam. Mir schwebte hier zum Schluß ein Freihafengebiet Tschernawoda—
Konstantza unter deutscher Verwaltung vor.
Wir sprachen gegen weitgehende Annexionen Ungarns auf Rumäniens
Kosten. Für die bessere Verteidigung der ungarischen Grenze war nur
eine geringe Grenzberichtigung bei Orsowa und in dem Moldauwinkel süd-
lich Kirlibaba militärisch nötig. Nur diese hielt ich für berechtigt.
Die Oberste Heeresleitung hatte keine Bedenken gegen den Anschluß
Beßarabiens an Rumänien und gegen eine Schonung der Armee. Vor-
aussetzung war, daß Deutschland und Österreich-Ungarn in Rumänien, wie
dies mit Staatssekretär v. Kühlmann und Graf Czernin verabredet war,