Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Maßnahmen zur Abwehr feindlicher Gegenangriffe 467 
  
Es geschah alles, um das Heer, wie im Vorjahre für die Abwehr- 
schlacht, so jetzt für die Angriffsschlacht auszubilden. Der erzieherischen Tätig- 
keit seiner Offiziere und den durchdachten Vorschriften hat das Vaterland 
es zu danken, daß die Verlustzahlen bei uns an Toten und Verwundeten 
trotz ihrer großen Höhe bei weitem geringer waren als die des Feindes. 
Nach überschläglichen Berechnungen haben England und Frankreich weit 
über 2 000 000 Tote. Rußland ebensoviel. Rechne ich die Hälfte der 
russischen als vor der deutschen Front gefallen, was wohl tatsächlich zu 
gering ist, so stehen weit mehr als 3 000 000 tote Feinde gegenüber etwa 
2 000 000 deutschen Toten. Die Zahl der auf anderen Fronten Gefallenen 
habe ich bei Freund und Feind mit eingerechnet. Das Bild verschiebt sich 
dadurch zu unseren Gunsten und wird es weiter tun, je klarer wir sehen. 
Diese Zahlen sind ungeheuerlich. Sie legen trotzdem Zeugnis davon ab, 
wir wir unserer schweren Verantwortung gegenüber unseren Soldaten 
gerecht zu werden strebten. 
Bei den Vorbereitungen zum Angriff wurde die Verteidigung nicht 
vergessen, da wir mit feindlichen Gegenangriffen rechnen mußten. Die 
Grundsätze der Abwehr wurden beibehalten, nur die Maßnahmen gegen 
Tanks wurden schärfer betont. Die Begleitwaffen der Infanterie dienten 
auch in Angriff und Verteidigung diesem Zweck. Bei der Artillerie, na- 
mentlich bei der Feldkanone und den leichten Minenwerfern, wurde auf die 
Ausbildung im direkten Einzelschuß gegen Tanks entscheidender Wert ge- 
legt. Die Ausstattung der schweren Maschinengewehre mit entsprechender 
Munition wurde vergrößert. Versuche, den Tank mit geballten Ladungen 
zu vernichten, wurden erweitert, alle Erfahrungen über deren Bekämpfung 
den Truppen mitgeteilt und ihre Ansichten gehört. 
Die Stellungen wurden auf die Möglichkeit von Tankangriffen ge- 
prüft, Fallen, Straßensperrungen entstanden, auch Minen wurden ge- 
legt und Tankabwehrgeschütze an vielen Stellen eingebaut. Natur- 
gemäß spielten bei diesen Abwehrmaßnahmen die geringen Arbeits- 
kräfte und die Anschauungen der Truppe über die Gefahr eines Tank- 
angriffs eine Rolle. 
Das Kriegsministerium hielt uns über die Konstruktion der 
Tankabwehrwaffen, die es unausgesetzt weiter verfolgte, auf dem 
laufenden. 
Ich war wieder oft an der Front und in regem Gedankenaustausch 
mit den Armee-Oberkommandos über die Taktik in der Angriffsschlacht 
und den Angriff selbst. Viele Für und Wider gegen dies und jenes wurden 
mir entgegengebracht. Die Gespräche über die „Feuerwalze“ und das 
„Vorfeld“ liegen mir noch in den Ohren. Schließlich mußte ich eine Ent- 
scheidung treffen, wie es meine Pflicht war. Die taktischen Grund- 
30“
	        
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