Großes Hauptquartier Spaa 479
Auch sonst hatte der Feind nichts erfahren; ich muß dies annehmen,
anderenfalls wären seine Abwehrvorbereitungen kraftvoller ausgefallen
und seine Reserven schneller eingetroffen. Das Wesen des Krieges ist trotz
gegenteiligen Bemühens Ungewißheit; so ist es bei uns, so ist es beim
Feinde.
Am 18. oder 19. März liefen aus einer Minenwerfer-Kompagnie
zwei Mann über. Nach Aufzeichnungen, die beim Feinde gefunden
wurden, oder nach Gefangenenaussagen sollen sie Angaben über den be-
vorstehenden Angriff gemacht haben.
Auf den anderen Fronten, namentlich bei Lille und vor Verdun, hatte
erhöhte artilleristische Tätigkeit eingesetzt.
Am Mittag des 20. trat an die Oberste Heeresleitung die schwere Ent-
scheidung heran, ob der Angriff am 21. beginnen solle oder aufzu-
schieben sei.
Jeder Aufschub mußte die Lage der dicht am Feinde eng versammelten
Truppen ungemein schwierig gestalten. Es herrschte dort nach allen Rich-
tungen hin eine schwer erträgliche Spannung. Die Masse und der seelische
Druck drängten nach vorn.
Und doch war die Artilleriewirkung auf Gas aufgebaut und
dessen Wirkung wieder von Windrichtung und Windstärke abhängig.
Ich war auf das angewiesen, was mir 11 Uhr vormittags von meinem
Wettersachverständigen, Leutnant Dr. Schmaus, über die voraussichtliche
Wetterlage gemeldet wurde. Die Windstärken und Windrichtungen waren
bis zum 20. früh keineswegs sehr vorteilhaft, im Gegenteil schien ein Auf-
schub des Angriffs fast nötig. Das wäre mir ganz ungemein schwer ge-
fallen. Ich war deshalb in großer Sorge, wie die Meldung ausfallen würde.
Obwohl sie nicht besonders günstig lautete, ließ sie dennoch den Angriff
möglich erscheinen. Um 12 Uhr mittags erging an die Heeresgruppen der
Befehl, daß der Angriff planmäßig stattfände. Er war nun nicht mehr auf-
zuhalten. Alles mußte seinen Gang nehmen. Oberste Heeresleitung, höhere-
Führer und Truppe hatten ihre Schuldigkeit getan. Das Weitere lag nun
in des Schicksals Hand: ungünstiger Wind beeinträchtigte die Wirkung
des Gases, Nebel erschwerte und verlangsamte die Bewegungen unserer
Infanterie und brachte unsere überlegene Ausbildung und Führung nicht
zur vollen Wirkung. Dies war die vorwiegende Ansicht über den Nebel
es gab aber auch einzelne Stimmen, die ihn günstig einschätzten.
Am 21. März gegen 4 Uhr früh begann mit einem gewaltigen Feuer-
schlage auf 70 km Frontbreite zwischen Croisilles und La Fere die Schlacht.
Die Zeiten im großen waren für die 2. und 18. Armee einheitlich geregelt.,
der 17. Armee, die allein focht, war weiterer Spielraum gelassen. Inner-
halb dieser Festsetzungen hatten die Gruppen sich zu betätigen.