Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

488 Der Angriff im Westen 1918 
  
Oberst Bruchmüller prüfte die Vorarbeiten und meldete, daß alles in 
Ordnung sei. Der Angriff am 9. April vormittags ging zunächst sehr gut 
vorwärts. Die Nachrichten, die bis zum Mittag einliefen, waren günstig. 
Es war diesmal für mich eine andere Geburtstagsfeier als im 
Jahr vorher mit der schweren Schlappe bei Arras. Seine Majestät hörte 
sich den militärischen Vortrag in Avesnes an und blieb auch zum Frühstück. 
Er gedachte in einigen Worten meiner, auch meiner beiden gefallenen 
Söhne, und schenkte mir seine Statuette aus Eisen von Betzner. Mich 
trennte von Seiner Moajestät vieles, unsere Naturen waren zu verschieden. 
Er war mein kaiserlicher Herr, und ich diente ihm und damit dem Vater- 
lande in treuester Hingabe. Die Statuette wird mir stets ein heiliges Er- 
innerungszeichen sein an meinen Kaiser und Obersten Kriegsherrn, der 
seine Soldaten liebte, das Beste seines Landes und seines Volkes wollte 
und seiner ganzen innersten Natur nach dem Kriege abgeneigt war — an 
einen Mann, der in seinem Wesen den Typ eines Deutschen nachbismarcki- 
scher Zeit darstellte. Der Monarch, in dessen Person sich so ungeheure Ver- 
antwortung vereinigte, fand nicht, wie sein kaiserlicher Großvater, Männer, 
die gleich Bismarck und Roon in der Konfliktszeit, entschlossen waren, vom 
Lande alles zu fordern, was die Kriegführung erheischte. Hierin lag das 
Verhängnis für Kaiser und Land in diesem Kriege. · 
Am Nachmittage schien der Angriff langsamer vor sich zu gehen. Die 
Überbrückung des feindlichen Stellungssystems machte in dem teilweise doch 
immer noch weichen Boden recht erhebliche Schwierigkeiten. Die Straßen- 
züge liefen ungünstig zur Stoßrichtung, die bei uns eingesetzten Tankab- 
teilungen hatten zudem gestört. Das Vorbringen von Geschützen und Mu- 
nition kostete viel Zeit. Der Aufenthalt, den unsere Infanterie in dem stark 
bewachsenen Gelände in feindlichen Maschinengewehrnestern fand, wurde 
beträchtlich. Am Abend waren wir gegen Armentières im Vorgehen, 
hatten die Lys erreicht und näherten uns der Lawe. In Richtung Bethune 
kamen wir nur wenig vorwärts. Auf dem linken Flügel waren wir bei 
Festubert und Givenchy hängen geblieben. Das Ergebnis war kein be- 
friedigendes. 
Am 10. April ging der Angriff weiter. Er gewann aber nur in Rich- 
tung Armentieres und unmittelbar oberhalb von Armentières über die Lys 
genügend Gelände. Nach Estaires zu drangen wir nicht weit genug durch, 
wir blieben in der Lys-Stellung stecken; auch gegen die Lawe machten wir 
nur geringe Fortschritte. 
Die feindlichen Maschinengewehre gaben der Truppe weiterhin sehr 
viel zu schaffen; sie hätte häufig frischer zufassen müssen, wie mir ein Ge- 
neralstabsoffizier meldete, der dorthin geschickt war. Oft hielt sie sich aber 
auch zu lange bei der Suche nach Proviant auf. Die Divisionen, die hier
	        
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