490 Der Angriff im Westen 1918
IV.
Ende April hatte die am 21. März begonnene Offensive ihren Abschluß
erreicht. Versuche, unsere Stellung hier und da zu verbessern, und Gegen-
angriffe des Feindes verlängerten die Kämpfe indes bis in den Mai hin—
ein. Brennpunkte waren hierbei die Gegend des Kemmel und Bailleul,
Albert sowie das Gelände südlich der Somme bis zum Luce-Bach.
Wir hatten große Erfolge errungen, das darf unter dem Druck der
später eingetretenen Ereignisse nicht vergessen werden. Wir hatten die eng-
lische Armee geschlagen. Nur wenige britische Divisionen waren noch un-
berührt. Von den 59 englischen Divisionen waren 53, und von diesen 25
mehrmals, in den Kämpfen eingesetzt gewesen. Die Franzosen hatten
beinahe mit der Hälfte ihrer Divisionen teilnehmen müssen. Die Geräte-
einbuße auf feindlicher Seite war groß. Italienische Divisionen erschienen
in den Argonnen, während die im Herbst vorigen Jahres nach Italien ge-
sandten englischen und französischen Truppen dort verblieben. In Maze-
donien wurden Engländer durch Griechen freigemacht.
Was die Amerikaner im April schon herübergebracht hatten, wußten
wir nicht. Mitte des Monats hatten zwischen St. Mihiel und der Mosel die
ersten größeren Kämpfe gegen Truppen der Vereinigten Staaten statt-
gefunden, die schon lange in Frankreich waren; der einzelne Amerikaner
schlug sich gut. Unser Erfolg war aber doch ein leichter gewesen.
In der Wirkung des U-Bootkrieges war ein Stillstand eingetreten.
Unternehmungen der englischen Marine gegen die U-Bootstützpunkte Ost-
ende und Zeebrügge zeigten jedoch, wie empfindlich für England der
U-Bootkrieg geworden war. Welchen Einfluß er auf die Versorgung
Englands und die Überführung der Truppen von Amerika nach Frankreich
ausüben würde, war ungemein schwierig zu beurteilen. Nach den Er-
fahrungen, die die Oberste Heeresleitung bisher mit dem U-Bootkrieg ge-
macht hatte, rechnete ich mit dem Eintreffen starker amerikanischer Trup-
pen. Die Schnelligkeit aber, mit der sie tatsächlich ankamen, mußte über-
raschen. General v. Cramon, der deutsche Militärbevollmächtigte beim
k. u. k. Armee-Oberkommando, rief mich häufig an und bat mich, auf die
Versenkung amerikanischer Truppentransportschiffe zu drängen; die öffent-
liche Meinung Österreich-Ungarns verlange dies. Admiral v. Holtzendorff
konnte auch nichts anderes sagen, als daß alles geschähe, die feindliche Ton-
nage zu vermindern und Truppentransportschiffe zu treffen. Die U-Boote
ausschließlich gegen diese anzusetzen, ging nicht an. Die Truppentrans-
porte konnten sich auf dem rund 1400 Meilen breiten Seegebiete zwischen
Nordengland und Gibraltar den europäischen Küsten nähern. Es war un-
möglich, diese Fläche durch U-Boote in vollem Umfange wirksam zu