Einfluß des U-Bootkrieges 491
sperren. Man hätte die U-Boote nur auf einzelnen Strecken zusammen-
ziehen können. Ob die Transportdampfer zur Zeit gerade diese wählen
würden, blieb aber fraglich. Der Feind konnte die Schiffe, sobald er
Nachricht über das Auftreten deutscher U-Boote erhielt, funkentelegraphisch
jederzeit umleiten und die Ausladungen an einer anderen Stelle vor-
nehmen. Es war also nicht sicher, daß man bei diesem Vorgehen genügend
Transportschiffe antreffen würde. Die Vernichtung des in feindlicher Fahrt
befindlichen Frachtraums wäre dann nur gelegentlich betrieben worden und
hätte eine empfindliche Unterbrechung erlitten. Damit entfernte sich der
U-Bootkrieg von dem Ziele, das ihm ursprünglich gesteckt war. Der
U--Boothandelskrieg wurde daher mit aller Energie weitergeführt. Nach
den vorhandenen Nachrichten über den feindlichen Frachtraumbestand und
die feindliche Versorgungslage war die Hoffnung berechtigt, auf diesem
Wege zum Ziele zu kommen. Die feindliche Schiffsraumnot stand fest.
Das Einstellen der Angriffe war naturgemäß von weitestgehender Be-
deutung. Mit uns kräftigte sich auch der Feind. Unsere Verluste machten
sich bei dem Mangel an Ersatz fühlbar. Ich wandte mich im April von
neuem an das Kriegsministerium mit dem Ersuchen, schärfer mit dem Her-
ausnehmen der Reklamierten aus der Kriegsindustrie vorzugehen.
Einen besonderen Zuschuß an Ersatz aus der Heimat bekam ich für
die Folge nur durch zurückgekehrte Kriegsgefangene aus Rußland. Die
Oberste Heeresleitung griff nun auf ihre Mannschaftsreserven zurück und
stellte sich jetzt selbst aus Truppen des Ostheeres und von Rumänien sowie
aus Sonderwaffen und den Etappen Ersatz bereit. Dieser konnte aber nicht
ausreichen, wenn nicht die Regierung in der Heimat die Reklamierten frei-
machte und energisch gegen Drückeberger und Deserteure vorging.
Unsere Truppen hatten sich gut geschlagen; allerdings hatten einige
Divisionen in der Lys-Ebene ersichtlich Angriffsfreudigkeit vermissen lassen.
Dies gab zu denken. In der durchschnittenen Niederung aber war die
Unterstützung der Infanterie durch Artillerie so schwierig gewesen, daß diese
Erscheinung noch nichts Beunruhigendes bot. Dagegen gab das Verweilen
der Truppen an vorgefundenen Vorräten, auch das Zurückbleiben ein-
zelner zum Durchsuchen der Häuser und Gehöfte nach Lebensmitteln zu
schweren Bedenken Veranlassung. Sie minderten den Erfolg und waren
Zeichen mangelhafter Mannszucht. Ebenso ernst aber war es, daß sowohl
unsere jungen Kompagnieführer wie auch ältere Offiziere sich nicht stark
genug fühlten, dagegen einzuschreiten und die Autorität zu erzwingen, die
sie befähigt hätte, die Truppe ohne Aufenthalt weiterzuführen. Das Fehlen
unseres alten Friedensoffizierkorps machte sich überaus empfindlich fühlbar.
Es war der Träger der sittlichen Kräfte des Heeres gewesen. In der ersten
Hälfte des Krieges hatte der Reichstag zudem die Strafgesetze gemildert.