Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Mißstände in der Rechtspflege 4953 
  
  
Klagen über die müde und unzufriedene Stimmung, die aus der Heimat 
in das Heer käme. Die Urlauber wären verhetzt und der neu eintreffende 
Ersatz wirke schädlich auf die Mannszucht. Die Kriegsfähigkeit des Heeres 
litte darunter. Bei einer Reihe von Ersatztransporten waren sehr erheb- 
liche Unregelmäßigkeiten vorgekommen, namentlich bei Transporten aus 
Bayern und solchen aus dem Osten. Auch über den Geist der auf dem 
belgischen Truppenübungsplatz Beverloo ausgebildeten Mannschaften 
wurde lebhaft geklagt. Um so größeren Wert legten die Truppen darauf, 
in weitestgehender Weise den Ersatz wiederzuerhalten, der schon einmal in 
ihren Reihen gestanden hatte und auch nach der Landsmannschaft zu ihnen 
gehörte. Ich bin diesen Wünschen nach Möglichkeit nachgekommen, habe 
aber nicht alles erreicht. Nachträglich hörte ich, daß in der Heimat von der 
Schreibstube aus planmäßig dagegen gearbeitet ist. Es galt, das Heer zu 
erschüttern. 
Über den Geist der Heimat sprach ich immer wieder mit den hierfür 
in Betracht kommenden Stellen. In diesen Tagen wurde mir das erste 
Mal entgegengehalten, daß auch aus dem Heere Mißmut und Kampfes- 
müdigkeit zurückkämen. Man schien hierüber erstaunt zu sein: schließlich 
mußte es abet einmal so aus dem Heere herausschallen, wie dauernd aus 
der Heimat hineingerufen wurde: trug doch das Frontheer in allen seinen 
Teilen Schweres — unendlich Schwereres als je die Heimat. Der 
Mann, der verbittert und verhetzt von Haus in das Heer kam und hier 
viel ertragen mußte, konnte nicht anders als daheim mißmuterregend 
wirken. Die Masse des Heeres war aber trotz der zersetzenden Einflüsse 
der Heimat, trotz Sinkens der Mannszucht siegfreudig. Es war stets mein 
Glaubenssatz, daß Volk und Heer nur einen Körper und eine Seele haben, 
daß das Heer auf die Dauer nicht gesund bleiben kann, wenn das Land 
erkrankt. Bedenkliche Erscheinungen beim Feldheer kamen nach wie vor 
nur vereinzelt zu meiner Kenntnis. Es war in seiner Gesamtheit noch in 
Zucht und Ordnung und hatte doch den Feind geschlagen. Ich hoffte, daß 
das Pflichtgefühl und der Siegeswille des Heeres noch stark genug seien, 
die vielen ungünstigen Einflüsse zu überwinden. Der Ausfall vieler höhe- 
rer und mittlerer Offiziere in den letzten Kämpfen durch Verwundung und 
Tod mußte hier besonders verschärfend wirken, da dem sehr jungen Offi- 
zierersatz die natürlichen Mängel anhafteten. Ahnlich lag es mit dem er- 
fahrenen Unteroffizier. Wir waren dahin gekommen, daß der Truppen- 
teil vor Beginn der Schlacht eine Führerreserve ausschied. Sie nahm an 
dem Kampfe nicht teil, um nachher noch Führer zu haben. 
Auf taktischem Gebiet mußten wir die Truppen durch die Erfahrungen 
unserer Kämpfe belehren. Sie bestanden in noch größerer Lockerung der 
Infanterie, in noch höherer Bedeutung der Stoßtrupptaktik, in verbessertem
	        
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