Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

496 Der Angriff im Westen 1918 
  
in Ruhe lagen, warm ans Herz gelegt. Truppen in Stellungen konnten 
natürlich nicht so geschont werden, wie ich es gern gesehen hätte. Die in 
den neuen Fronten stehenden Truppen hatten es schwer. Dem Feinde er- 
ging es hier aber auch nicht besser; allerdings waren an vielen Stellen, 
namentlich im Vergleich zu unseren Truppen auf dem Sommeschlachtfelde, 
seine Unterkunftsverhältnisse günstiger als die unfrigen. Dies lag 
in der Natur der Sache. Wir suchten durch Beschießung vieler Ortschaften 
mit weittragenden Geschützen und Bombenabwurf diesen Nachteil auszu- 
gleichen. An den ruhigen Fronten von der 7. Armee bis zur Schweizer 
Grenze erholten sich unsere Verbände in den Stellungen und fanden auch 
Zeit, Bataillone, Infanterie-Regimenter und die Artillerie batterieweise 
auszubilden. Neben Pflege der Mannszucht herrschte rege Ausbildungs- 
tätigkeit im Rücken des ganzen Heeres und an vielen Teilen der Front. 
Die Ausrüstung der Truppen wurde wieder vervollständigt. Die In- 
fanterie-Kompagnien, die bisher 4 leichte Maschinengewehre hatten, erhiel- 
ten ein 5., auch verbesserte Gewehrgranaten. Maschinengewehre wurden 
an die Kolonnen und Trains zur Fliegerabwehr ausgegeben, die Aus- 
stattung der Artillerie damit war allmählich beendet. 
Die ersten Tankgewehre kamen zur Truppe; sie waren wirksam, aber 
leider recht schwer und beanspruchten 2 Mann Bedienung. Dadurch fiel 
wieder ein Gewehrträger aus. 
Die Verpflegung des Mannes war ausreichend, stand aber der des 
Feindes erheblich nach. Die Weideverhältnisse gestalteten sich günstig; die 
Pferde fanden genug Nahrung und konnten sich kräftigen. Hartfutter gab 
zes nur wenig. Der Gesundheitszustand war bisher günstig. Die ersten 
Grippefälle traten auf, sie wurden militärärztlicherseits als leicht an- 
Lesprochen. 
V. 
Während der großen Ereignisse im Westen hatte die Ruhe an der 
italienischen und mazedonischen Front angehalten. Diese Fronten waren 
nichts anderes als eine Verlängerung unserer Westfront und bildeten 
unseren Flankenschutz, die mazedonische zugleich den Österreich-Ungarns. 
Die Unterstützung, die wir von der k. u. k. Artillerie im Westen hatten, 
war bei ihrer überaus geringen Ausstattung mit Munition nur unerheb- 
lich. Sie fuhr, nachdem sie die Munition verschossen hatte, wieder zurück. 
Die Lage der k. u. k. Armee in Italien hatte sich insofern gebessert, als 
mehrere Hunderttausend Kriegsgefangene aus Rußland zurückgekehrt 
waren. Die Armee war dadurch gekräftigt worden und fühlte sich gegen 
die Italiener angriffsfähig. General v. Arz hatte k. u. k. Offiziere zu 
unseren Westangriffen entsandt und war über die taktischen Erfahrungen
	        
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