Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Die Lage an den anderen Fronten 497 
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dauernd auf dem laufenden. Er beabsichtigte, in der ersten Junihälfte 
offensiv zu werden, also bald nach unserem Angriff auf den Chemin des 
Dames. Es handelte sich mithin Ende Mai, Anfang Juni um eine gemein- 
same große Anstrengung gegen die Entente. 
Die Verstärkung des deutschen Heeres im Westen durch einige k. u. k. 
Divisionen, unter Verzicht auf den Angriff in Italien, wäre jetzt möglich 
gewesen. Bei der an der französischen Front nur gering einzuschätzenden 
Kampfkraft der k. u. k. Truppen erschien aber ein Schlag in Jtalien 
vorteilhafter, solange das k. u. k. Oberkommando in Baden ihn vertrauens- 
voll erstrebte. Ein Sieg in Italien mußte uns auch jetzt ebenso entlasten, 
wie dies. im Herbst 1917 der Fall gewesen war; zum mindesten würde er 
einen Teil der Neuformationen der Vereinigten Staaten dorthin ziehen. 
Dieser Vorteil fiel schwerer ins Gewicht als die Verstärkung der Westfront 
durch wenig kampfkräftige k. u. k. Divisionen. Hatte der Angriff in 
Italien keinen Erfolg, konnte immer noch eine unmittelbare Verstärkung 
der Westfront eingeleitet werden. 
Die Verpflegungslage ÖOsterreichs und der k. u. k. Armee war un- 
gemein ernst. Sie hatten ihren Anteil aus den rumänischen Vorräten be- 
reits vorweg erhalten und verbraucht und zogen nun aus der inzwischen 
besetzten Ukraine in gebotener Rücksichtslosigkeit heraus, was irgendwie für 
ihre Organe greifbar war. Aber dies genügte noch nicht. Österreich be- 
schlagnahmte deshalb in seiner Not Anfang Mai Deutschland gehörendes 
Getreide, das uns von Rumänien nachgeliefert und auf dem Wege durch 
die Doppelmonarchie war. Wir hatten Anfang Februar schon ausgeholfen. 
Dieser Willkürschritt erregte daher jetzt um so größeres Erstaunen und hef- 
tige Erregung. Es nutzte aber aller Unwillen nichts, wir mußten wiederum 
geben. Dies war um so schmerzlicher, als die Pferde an der Westfront 
für ihr spärliches Hartfutter auf die rumänischen Vorräte angewiesen 
waren. 
An der mazedonischen Front herrschte auch weiterhin Ruhe. Die bul- 
garische Armee hatte Zeit, sich zu erholen und auszubilden. Es war aber 
nicht zu verkennen, daß sich der Geist seit etwa März infolge ungünstiger 
Verpflegungs= und Bekleidungsverhältnisse zusehends verschlechterte. Die 
Mißstimmung gegen Deutschland wurde von der feindlichen Propaganda 
und von ententefreundlichen Bulgaren geschickt geschürt. Der Bukarester 
Frieden und das Wegziehen weniger deutscher Formationen nach dem 
Westen zum Entscheidungskampf gaben neuen Propagandastoff. Fälle von 
Meutereien zeigten, wie weit der Zersetzungsprozeß gekommen war. Die 
Oberste Heeresleitung und das Heeresgruppenkommando v. Scholtz taten 
ihr möglichstes, um zu helfen und auf die Bulgaren einzuwirken. Wir 
gaben Verpflegung, das preußische Kriegsministerium Bekleidung ab. Wir 
Kriegserinnerungen 1914—18. 32
	        
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