Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

502 Der Angriff im Westen 1918 
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vielköpfiger konnte die ganze Organisation gar nicht erdacht werden. Es 
lag dies allein in der unglücklichen Stellungnahme Berlins gegen den 
„Militarismus“, wie an dem dort herrschenden Bureaukratismus mit 
seiner schematischen Arbeitsweise. 
Wie zu erwarten war, hatte sich die junge ukrainische Regierung un— 
fähig erwiesen, dem Lande Ruhe zu geben und uns Getreide zu liefern. 
Diese Regierung verschwand von der Bildfläche. Der Hetman Skoropadski 
übernahm die Leitung. 
Während ich um die Monatswende April, Mai mit wichtigen Arbeiten 
für die West-Operationen beschäftigt war, bekam ich durch das Militär- 
kabinett des Kaisers ein Telegramm des Reichskanzlers an Seine Mojestät 
zugesandt, das in beweglichen Worten sich über den in Kiew durch die 
Heeresgruppe vertretenen „Militarismus“ beschwerte und Seine Majestät 
um Abhilfe bat. Das Militärkabinett hatte den Reichskanzler etwa dahin be- 
schieden, daß Seine Majestät zunächst die Klärung der ganzen Vorgänge in 
gemeinsamer Besprechung der beteiligten Stellen vorschlüge. Ich sah dieser 
mit Genugtuung entgegen, denn ich war fest überzeugt, daß wieder ein- 
mal alles in nichts zerfallen würde, wenn man über Klatsch und Vorein- 
genommenheit hinweg der Sache auf den Grund ginge. Hier kam es nicht 
einmal zur Besprechung. Es stellte sich bald heraus, daß Generalfeldmar- 
schall und Botschafter persönlich gut miteinander gearbeitet hatten. Diesmal 
war es also nichts mit dem „Militarismus“ gewesen, nur war ein General 
im Laufe der Ereignisse unsanft mit einem früheren Regierungsmitgliede 
verfahren, das eine höchst zweifelhafte Rolle den deutschen Interessen gegen- 
über gespielt hatte. Das Ganze hinterließ aber doch einen bitteren Beige- 
schmack. Ich habe diese Tatsache nur erwähnt, weil sie charakteristisch für 
die Stimmung in Berlin war. Immer war man dort bereit, gegen uns — 
statt für uns — Stellung zu nehmen. Die Befolgung gewisser innerpoliti- 
scher Rücksichten wurde höher geachtet als praktische Notwendigkeiten, auch 
wenn diese, wie die Fürsorge des Generalfeldmarschalls v. Eichhorn für die 
Landbestellung, unsere Lebensbedingungen auf das engste berührten. Be- 
dauerlich war besonders, daß sich auch der Kriegsminister, ohne andere zu 
hören, auf die Seite der Regierung gestellt hatte. 
Mit dem Hetman Skoropadski war in Kiew ein Mann zur Regierung 
gekommen, mit dem sich gut arbeiten ließ. Er war entschlossen, die Ord- 
nung im Lande zu sichern und uns weit entgegenzukommen. Ich lernte 
ihn später kennen und gewann einen sehr günstigen Eindruck von ihm. 
Er verweilte nicht an der Oberfläche der Dinge, er durchdrang sie. 
Die Oberste Heeresleitung konnte mit dem Wechsel in der Regierung 
in Kiew nur zufrieden sein, weil er für die Kriegführung nützlich war. Ich 
versprach mir Vorteile für die Heeresbildung und Getreideaufbringung.
	        
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