Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

506 Der Angriff im Westen 1918 
  
  
  
  
  
wärtigen Politik machte sich leider auch hier bemerkbar. Sie faßte keinen 
Entschluß, wurde so auch in Finnland niemands Freund und stieß die 
treuen Anhänger Deutschlands vor den Kopf. 
Die vielen Beweise warmer Sympathie, die ich aus Finnland auch 
nach meinem Abgang erhielt, zeigen, daß Dankbarkeit doch noch in der 
Welt besteht. Diese Gesinnung hat mich um so mehr bewegt, als nicht 
finnische, sondern allein deutsche Interessen unsere Truppen nach Finnland 
geführt haben. Als mir die schwedische Regierung im Februar 1919 aus 
mir unerklärlichen Gründen Schwierigkeiten für einen Aufenthalt bereitete, 
erschien plötzlich in Hessleholmsgard ein finnischer Abgesandter, der mir 
Aufenthalt in Finnland anbot. Ich habe mich darüber gefreut, lehnte aber 
selbstverständlich ab. Ich wollte nach Deutschland zurück. 
Unter den gewaltigen, wuchtigen Ereignissen dieses Weltkrieges sind 
die Ukraine und Finnland scheinbar nur Episoden. Trotzdem hoffe ich 
noch auf bleibenden Gewinn. In wirtschaftlicher und politischer Beziehung 
werden beide Länder stets ein charakteristisches Beispiel dafür sein, daß 
unsere Regierung das Wesen dieses Krieges bis zuletzt noch nicht verstanden 
hatte und alles lediglich nach innerpolitischen Rücksichten behandelte. Mili- 
tärisch boten beide Länder zunächst das, was von ihnen erwartet wurde. 
Die Bildung einer neuen Ostfront war verhindert, jedenfalls auf lange Zeit 
hinausgeschoben. Die Blockade hatten wir im Osten durchbrochen, unser 
Leben schien dadurch gestärkt werden zu können. Die Stellung der Sowjet- 
regierung war stark erschüttert, ihr Bestand ernstlich bedroht. 
Als Ende Mai der deutsche Angriff an der Westfront fortgesetzt wurde, 
dem in der ersten Junihälfte ein österreichisch-ungarischer in Italien folgen 
sollte, war die Lage an allen Fronten in Ordnung; ein besonderes Gefahrs- 
moment schien nur die Palästinafront zu bieten. 
VI. 
Der zweite große deutsche Angriff in Frankreich und der Angriff der 
k. u. k. Armee in Italien fanden im wesentlichen plangemäß statt. 
Mitte Mai begann das Zusammenziehen der Truppen zum Durchbruch 
über den Chemin des Dames. Die Vorarbeiten waren rechtzeitig beendet. 
Der Artillerieeinsatz wurde nach den Vorschlägen des Oberst Bruchmüller ge- 
regelt, die auch für die artilleristische Feuervorbereitung maßgebend waren. 
Ich fuhr häufiger zu den beteiligten Armee-Oberkommandos und ge- 
wann die besten Eindrücke. 
Am 27. Mai begann der Angriff zwischen Vauxaillon und Sapigneul. 
Er hatte wiederum einen glänzenden Erfolg. Ich hatte geglaubt, es würde 
uns nur gelingen, die Gegend von Soissons und Fismes zu erreichen.
	        
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