508 Der Angriff im Westen 1918
als fraglich gewesen, ob sich der Franzose zwischen Aisne und Oise noch
weiter gehalten hätte. Hier war wieder ein Fall, wo in kurzen Augen-
blicken vieles erreicht werden konnte, aber auch vieles unterlassen wurde.
Die oberste Führung sitzt und sinnt und kann alles vorbereiten, die Aus-
führung selbst liegt nicht mehr in ihrer Hand. Sie muß auf dem Schlacht-
felde mit vollendeten Tatsachen vorlieb nehmen.
Die 7. Armee stieß mit der Mitte in südlicher Richtung bis zur Marne
vor. Ihr linker Flügel und der rechte der 1. Armee, der den Angriff nach
Reims zu, wie beabsichtigt, links verlängert hatte, drangen zwischen Marne
und Vesle gegen den Reimser Bergwald vor und trafen hier bald auf
nicht mehr überwindbaren Widerstand. Der rechte Flügel der 7. Armee
gewann zwischen Aisne und Marne südwestlich Soissons und bis zum Ost-
rand des Waldes von Villers-Cotterbts Gelände und nahm Chäteau-
Thierry. General Foch zog starke Reserven südwestlich Reims und gegen
Soissons zu vergeblichen Gegenangriffen zusammen, die sich später bis
Chäteau-Thierry ausdehnten.
Wir stellten Anfang Juni unser Vorgehen ein. Nur zwischen der Aisne
und dem Walde von Villers-Cotterêäts, südwestlich Soissons, beabsichtigte
die Oberste Heeresleitung noch weiter anzugreifen. Wir wollten in Rück-
sicht auf die östlich Soissons aus dem Aisne= in das Vesletal führende Bahn
mehr Gelände nach Westen zu gewinnen und den Angriff der 18. Armee
über die Linie Montdidier—Noyon taktisch unterstützen.
Unsere Truppen blieben in Angriff und Verteidigung trotz einiger
unvermeidlicher, vorübergehender Krisen Herren der Lage. Sie zeigten
sich den Franzosen und Engländern auch da überlegen, wo diese mit Tanks
arbeiteten. Bei Chäteau-Thierry hatten Amerikaner, die schon lange in
Frankreich waren, tapfer aber nicht gut geführt, in dichten Massen unsere
nur dünn besetzten Fronten erfolglos angegriffen. Auch hier blieb un-
serm Mann das Gefühl, der Stärkere zu sein. Unsere Taktik hatte sich nach
jeder Richtung hin bewährt, unsere Verluste waren gegenüber den feind-
lichen und der hohen Gefangenenzahl überaus gering, wenn auch an und
für sich schmerzlich. Das Einstellen des Angriffs war wiederum nicht über-
all rechtzeitig erfolgt. Es wurde hier und da noch angegriffen, wo die
Abwehr schon am Platze gewesen wäre. Die Truppen hatten bis auf
wenige Ausnahmen überall eine gute Haltung und Ausdauer gezeigt.
Im ganzen war der Eindruck ein sehr günstiger gewesen. Die
Heeresgruppe Deutscher Kronprinz hatte im Angriff einen großen
taktischen Sieg errungen. Der Feind war zu stärkerem Einsatz seiner
Reserven gezwungen, als wir selbst an Truppen verbraucht hatten.
Paris stand unter dem Eindruck der französischen Niederlage, und starke
Massen wanderten ab. In der Kammersitzung Anfang Juni, auf die ich