Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Die amerikanische Hilfe 513 
  
zu keiner wesentlichen Kampftätigkeit gekommen, nur westlich des Ohrida- 
Sees wurden die k. u. k. Truppen bis nördlich Berat im Juni,Juli zu- 
rückgedrängt. 
Das Urteil über die bulgarische Armee lautete jetzt etwas günstiger. 
Die Stimmung hatte sich mit dem Eintreffen der ersten Bekleidungs- 
sendungen und der Verpflegungsaushilfe gebessert. General v. Scholtz 
verkannte den Ernst der Lage nicht. Er klagte auch darüber, daß die 
Armee immer mehr in das politische Parteigetriebe hineingezogen würde, 
um gegen Radoslawow ausgespielt zu werden. Er hätte gern noch mehr 
deutsche Truppen gehabt, aber da sie an der Westfront gebraucht wurden, 
mußte es in Mazedonien auch ohne sie gehen. Die Oberste Heeresleitung 
und das Heeresgruppenkommando rechneten im Fall eines feindlichen An- 
griffs mit örtlichen Rückschlägen. Die inzwischen gebildeten bulgarischen 
Reserven gaben eine gewisse Sicherheit vor großen Einbrüchen. 
In Palästina waren örtliche englische Angriffe gescheitert, in Meso- 
potamien wurden die auf Mosul vorgeschobenen englischen Abteilungen 
wieder zurückgenommen. Dagegen schienen die Engländer in Nordpersien 
und am Südufer des Kaspischen Meeres stärker zu werden. Die Türken 
standen noch immer um Täbris und auch dicht vor Baku. 
An der Ostfront hatte sich die Lage nicht geändert. Die Verhältnisse 
waren in voller Schwebe. 
Die Gesamtstreitkräfte, die die Vereinigten Staaten in den Monaten 
April, Mai und Juni nach Frankreich herüber gesandt hatten, wurden 
nach den vorliegenden Nachrichten auf etwa 15 Diovisionen ange- 
nommen. Zur Zeit konnten im ganzen etwa 20 amerikanische Divisionen 
in Frankreich sein. Das war mehr, als ich für möglich gehalten hatte. 
Die Überlegenheit, die wir im März der Divisionszahl nach besaßen, 
war damit ausgeglichen. Die Kopfstärken hatten sich um so schärfer zu 
unseren Ungunsten verschoben, als die amerikanischen Divisionen aus zwölf 
starken Bataillonen bestanden. Da, wo wir aber bisher mit den schon 
längere Zeit in Frankreich befindlichen Divisionen gefochten hatten, waren 
wir auch in zahlenmäßiger Unterlegenheit Herren der Lage geblieben. Es 
war nicht anzunehmen, daß die schnell eintreffenden Neuformationen mit 
geringerer Ausbildung besser kämpfen würden als die alten Divisionen. 
Kein Feind ist zu unterschätzen, er soll aber auch nicht überschätzt werden. 
Wie hätten wir sonst die Russen 1914 angreifen und schlagen können! So 
lange unsere Truppe ihren inneren Gehalt behielt, würde sie mit jedem 
Feinde fertig werden, auch mit den starken amerikanischen Divisionen, auch 
wenn deren Nerven weniger verbraucht waren als die der schon lange im 
Kampf stehenden Armeen. Es fiel aber schwer ins Gewicht, daß die neu 
eintreffenden amerikanischen Verstärkungen französische oder englische Ver- 
Kriegserinnerungen 1914—18. . 33
	        
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