Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

5814 Der Angriff im Westen 1918 
  
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bände an ruhigen Fronten freimachen konnten. Hierin lag eine Tatsache 
von ungeheurer Bedeutungsj sie beleuchtet den Einfluß, den die Entsendung 
der Streitkräfte der Vereinigten Staaten auf den Ausgang des Krieges 
hatte. Amerika wurde damit kriegsentscheidende Macht. 
General Foch hatte am 15. Juni seine Reserven stark veraus- 
gabt, es war keine Frage, daß die französische Armee überaus bean- 
sprucht war. Sie hatte aber im Frühsommer 1918 bisher nur wenige Ba- 
taillone aufgelöst. Frankreich zog die reichen Menschenreserven seines 
Kolonialreichs mehr als in früheren Jahren zum Kampf heran. Es war 
gewiß, daß es sich in der Operationspause, vor der wir wieder standen, neu 
kräftigen würde. Die englische Armee hatte seit Mitte Mai annähernd Ruhe, 
ihr Wiederaufbau mußte Fortschritte gemacht haben, doch war nicht anzu- 
nehmen, daß sie hierbei wesentlich schneller an Kraft gewann als die Heeres- 
gruppe Kronprinz Rupprecht, auch wenn ihre Lebensbedingungen besser 
waren. Die Tatsache indes, daß namentlich die Verpflegung der Entente- 
Armeen erheblich günstiger war als bei uns, muß voll eingeschätzt werden. 
In der belgischen Armee hatte unsere Flamenpropaganda Fuß ge- 
faßt. Es kamen häufiger Überläufer zu uns, aus deren Aussagen hervor- 
ging, daß durch die Flamenbewegung die Stimmung der belgischen Armee 
gegen uns nachließ. « 
Unsere Armee hatte gelitten. Die Grippe griff überall stark um sich, 
ganz besonders schwer wurde die Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht be— 
troffen. Es war für mich eine ernste Beschäftigung, jeden Morgen von den 
Chefs die großen Zahlen von Grippeausfällen zu hören und ihre Klagen 
über die Schwäche der Truppen, falls der Engländer nun doch angriffe. 
Er war jedoch noch nicht so weit. Auch die Grippefälle vergingen. Sie 
ließen oft eine größere Schwäche zurück, als ärztlicherseits angenommen 
wurde. Durch die lange Ruhe besserten sich die Mannschaftsbestände 
wieder nach und nach. Die Bataillone der Heeresgruppe Kronprinz Rupp- 
recht erhielten im allgemeinen eine zufriedenstellende Stärke, die hinter 
der englischen nicht zu weit zurückblieb. Nur wenige Divisionen kamen nicht 
hoch. Bei der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz waren die Truppen durch 
die Kämpfe natürlicherweise stark mitgenommen. Ersatz war soweit vor- 
handen, daß ich hoffen konnte, die Bataillone mit wenigen Ausnahmen in 
der Zeit der Ruhe wieder auf einen Bestand zu bringen, der dem französi- 
schen voll entsprach. 
Die Bataillonsstärken waren geringer geworden, aber immerhin der- 
artig, daß wir noch einen Schlag führen konnten, um den Feind friedens- 
willig zu machen; ein anderes Mittel gab es dazu nicht. 
Wieder und wieder kehrten die Gedanken zu einem Angriff in Flan- 
dern zurück. Hier standen noch immer, auch wenn die französischen Diovi-
	        
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