522 Der Angriff im Westen 1918
an mich heran und plärrten sie nach, statt gegen sie loszuwettern; sie
hatten auch schon jedes Gefühl für die sittliche Reinheit des Offizier=
korps verloren. So tief waren wir in das Netz jener Ausstreuungen
geraten.
Es hieß, der aktive Offizier verkröche sich in den Stuben. Das war der
Lohn des dankbaren Volkes für die Aufopferung und die Hingabe des
aktiven Offiziers! Es gab nur noch wenige! Die anderen waren gefallen
oder zerschossen. 80 bis 90 vom Hundert seines Bestandes hatte das aktive
Offizierkorps eingebüßt. Wußte man denn nicht, daß in bestimmte Stellen
der Stäbe, von denen das Wohl und Wehe der Truppen abhing, besonders
erfahrene und militärisch selbständig arbeitende Offiziere gehörten? Daß
hierfür der aktive Offizier geeigneter als der Offizier des Beurlaubten-
standes und schließlich unersetzlich war, ist klar. Ich bat das Militärkabinett,
auch diesen Anschuldigungen nachzugehen. Es stellte deren Unrichtigkeit
auf der ganzen Linie fest.
Trotzdem erinnerte ich immer wieder daran, daß kriegsverwendungs-
fähige Offiziere aus der Heimat und aus den Stäben in die Front kämen
und durch garnisonverwendungsfähige Offiziere ersetzt würden. Die Stäbe
waren im Sommer 1918 so zusammengesetzt, daß verschiedene Divisions-
kommandeure mir klagten, sie hätten nicht genügend gesunde Offiziere in
ihrem Stabe, um allen Anforderungen zu entsprechen.
Ich war stets dagegen, Vater und Sohn in einem Stabe zu lassen.
Wo ich Kommandogewalt vertrat, wie als Chef im Osten, bin ich dagegen
eingeschritten. Jetzt konnte ich nur das Militärkabinett darauf aufmerksam
machen.
über die Kantinenwirtschaft hörte ich ungünstiges. Auch hier sollte der
Offizier den Mann schädigen. Ich ging dem nach. Alles war in Ordnung.
Kantinenkommissionen, in denen die Soldaten vertreten waren, kontrol-
lierten den Betrieb und die Verteilung des Erlöses. Der Warenverkauf in
den Kantinen war genau rationiert für Offiziere und Mannschaften gleich-
mäßig nach der Kopfzahl. Jeder durfte nur nach der genau berechneten
Verteilungsliste kaufen. Die höheren Stäbe, die keine eigenen Kantinen
hatten, bezogen aus den Zentralkantinen zu denselben Preisen wie die
Truppenkantinen. Da diese mit einem gewissen Aufschlag an Offizier und
Mann gleichmäßig verkauften, so erhielten die höheren Stäbe — natürlich
Offiziere wie Mannschaften — ihre Waren tatsächlich etwas billiger als
die Angehörigen der Truppe. Ich stellte auch dies ab. Dann hieß es, die
Kantinengelder selbst würden ungetreu verwaltet. Diese Beschuldigungen
waren ebenfalls unrichtig. Nur der Soldat erhielt von dem Gewinn einen
Anteil, natürlich am häufigsten in Waren.
In der Etappe sollte der Offizier besonders üppig leben. Ich habe dort