Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

526 Der Angriff im Westen 1918 
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erhalten hätten, die wir jetzt zu erfüllen haben. Dies hätten wir nicht auf 
uns genommen, wie wir es im Oktober trotz des Ernstes unserer Lage auch 
nicht hätten tun dürfen. Ob ich mit meiner Ansicht über die damaligen 
Bedingungen Recht oder Unrecht habe, das können allein Clemenceau, 
Wilson und Lloyd George entscheiden. England und die Vereinigten 
Staaten wollten uns wirtschaftlich vernichten, England uns zudem ohn- 
mächtig machen, Frankreich uns zum Weißbluten bringen; allen Gegnern 
gemeinsam war der Wunsch, den verhaßten Feind vor der Welt aufs 
#tiefste zu demütigen, das deutsche Volk bis in die fernste Zukunft in seiner 
Entwicklung zurückzuwerfen. Die Entente verfolgte Weltbeglückungs- 
gedanken nur insoweit, als sie sich mit einer stark nationalen Politik ver- 
einigen lassen. Diese war die Grundlage all ihres Handelns, das andere 
nur ein Mittel zum Zweck. Bei uns war alles umgekehrt, wir dachten 
zuerst an Weltbeglücken, dann an die Stärke des Vaterlandes. Der Krieg 
hatte nun einmal begonnen und war nicht nach unseren Willen allein zu 
beenden. 
Anfang Juli verließ Staatssekretär v. Kühlmann sein Amt. Sein 
Auftreten im Reichstage, namentlich seine Außerung, daß der Krieg durch 
rein militärische Entscheidung allein kaum beendet werden könne, ging dem 
Reichskanzler zu weit. Ihm hatten wir auch unsere Bedenken pflicht- 
gemäß mitgeteilt. Ausschlaggebend für den Abgang des Staatssekretärs 
v. Kühlmann war aber schließlich sein persönliches Verhalten in diesen 
Tagen. Ich war in Avesnes und hatte weder Zeit noch Reigung, mich in 
die Vorgänge in Spaa einzumischen. 
Staatssekretär v. Kühlmann war der Typ des deutschen Diplomaten 
nachbismarckscher Zeit. Der Einzug der Bolschewisten in Berlin und die 
stillschweigende Zulassung ihrer Propaganda von der russischen Botschaft 
aus werden immer mit seinem Namen verbunden bleiben. 
Staatssekretär v. Hintze begrüßte ich als Nachfolger, da ich ihn für 
eine starke Natur hielt. Ich sprach ihm von meiner Hoffnung, die Entente 
noch friedenswillig zu machen, und wies ihn auf die Gefahren des Bolsche- 
wismus sowie auf die revolutionierende Tätigkeit des Herrn Joffe hin. Er 
blieb in dem bolschewistischen Fahrwasser seines Amtsvorgängers, teils auf 
Grund seiner Ansichten über Rußland, teils wohl, weil auch er der alten 
Richtung des Auswärtigen Amtes nicht Herr wurde. 
VIII. 
In Rußland hatten die Ereignisse einen eigenartigen Gang genom- 
men, der für die Verlogenheit der Sowjetregierung bezeichnend war. 
Die Entente hatte dort mit ihrer Zustimmung die Aufstellung von
	        
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