Ukraine und Kaukafus 531
Tankschiffe zu klären. Ich war wenig erfreut, als die Bolschewisten später
den größten Tankdampfer des Schwarzen Meeres „Elbrus“ in Nowo-
rossjisk versenkten, lediglich um uns zu schaden. Die Eisenbahn Batum—
Tiflis—Baku, die viele Tankwagen vorrätig hatte, sollte von Oberst v. Kreß
im Einverständnis mit der Türkei in Betrieb genommen werden. Entschei-
dend war natürlich die Frage, wie wir nach Baku kamen. Die Rücksicht auf
die Sowjetregierung verhinderte auch hier tatkräftiges und schnelles Han-
deln. Zunächst setzten sich Anfang August die Engländer von Enseli über
das Kaspische Meer hinweg in den Besitz dieser Stadt.
Ihr Festsetzen in Baku war nur dadurch möglich gewesen, daß die
Türken in Nordpersien sich vollständig abwartend verhielten; es war kriegs-
wirtschaftlich ungemein nachteilig. Die Engländer traten damit auch in
engere Verbindung mit der Freiwilligen-Armee im Kubangebiet. Anderer-
seits kamen sie in Baku in unsere Reichweite. Ein Schlag mit geringem
Kräfteaufgebot erschien möglich. Die Oberste Heeresleitung bereitete gegen
sie unter Hinzuziehung von Nouris Truppen einen Angriff vor und sandte
eine Kavallerie-Brigade und wenige Bataillone nach Tiflis. Der Trup-
pentransport war noch nicht abgeschlossen, als Nouri sich in den Besitz von
Baku setzte und darauf die Verhältnisse in Bulgarien uns zwangen, die
Truppen nach Rumänien zu führen.
In Nordpersien sollten die Verhältnisse sich nicht ändern; wir gaben
Waffen aus der Ukraine für die dortigen Stämme, die sich den Türken an-
schließen wollten. Diese selbst taten nichts, obschon sie reichliche Truppen-
mengen um Batum und Kars stehes hatten.
Ich bin im Osten so weit gegangen, als ich es in Rücksicht auf unsere
militärische und kriegswirtschaftliche Lage für unbedingt nötig hielt. Na-
poleonische Welteroberungspläne bewegten mein Hirn nicht. Mein sorgen-
volles Ringen ließ phantastische Geistesflüge gar nicht aufkommen. Ich
wollte in der Ukraine und im Kaukasus kein Gebiet erobern; ich beab-
sichtigte nur, uns das zuzuführen, was wir so dringend brauchten, um über-
haupt leben und den Krieg führen zu können. Gleichzeitig hoffte ich, nach-
dem es hier gelungen war, die Blockade zu sprengen, uns wirtschaftlich zu
stärken und damit uns auch physisch und seelisch zu kräftigen. Die Men-
schenkraft dieser Gebiete dachte ich für die Kriegführung auszunutzen, so-
weit es ging, teils durch Aufstellung von Truppen, teils, und dies war
vielversprechender, durch Anwerbung von Arbeitskräften für die Heimat, um
hier Heeresersatz freizumachen. Ich versuchte das natürlich in dem ganzen
Ostgebiet zu erreichen und hoffte auch, aus der deutschen Bevölkerung des
Ostens unmittelbar Rekruten zu erhalten. Wir arbeiteten aber nicht schnell
genug. Die 8. Armee in Riga beklagte sich, daß das Kriegsministerium trotz
meines Drängens immer noch keine Anweisung gegeben hätte.
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