Die Ostpolitik der Regierung 533
die sich bot, um wenigstens die austro-polnische Frage endgültig zu beseiti-
gen, wurde nicht benutzt. Kaiser Karl hatte seine Parmabriefe geschrieben.
Unter dem Druck Wiens mußte er sich entschließen, im Mai seine Kanossa-
fahrt nach Spaa zu machen. Die Stimmung war so, daß alles zu erreichen
gewesen wäre. Der Generalfeldmarschall und ich baten den Reichskanzler
Grafen v. Hertling und den Staatssekretär v. Kühlmann, die Gunst des
Augenblicks zu benutzen und klare Verhältnisse zu schaffen. Ihnen mangelte
jedoch die erforderliche Entschlußkraft. Es wurde in großer Feierlich-
keit irgendein Schriftstück aufgesetzt, das nicht nur von den führenden
Staatsmännern, sondern auch von den beiden Monarchen unterschrieben
wurde. Die Abmachung enthielt keinerlei Bedingung für Österreich-Ungarn
und war vollständig wertlos. Unsere Diplomatie hatte versagt, die Dop-
pelmonarchie hatte gesiegt. Was von uns Soldaten vorausgesagt war, trat
ein. Graf Burian fühlte sich auch mit Recht durch nichts gebunden. Er
verfolgte die austro-polnische Lösung mit der Beharrlichkeit weiter, die ihm
eigentümlich und unseren Diplomaten so lästig war.
IX.
Die Vorbereitungen für den dritten großen Angriff im Westen fanden
in genau der gleichen Weise statt wie für die Schlachten am 21. März und
27. Mai. Oberst Bruchmüller stand der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz
wieder als artilleristischer Berater zur Verfügung.
Die 7. Armee sollte unter gleichzeitigem Marneübergang östlich Chä-
teau-Thierry zu beiden Seiten dieses Flusses in Richtung Epernay vor-
stoßen, während die 1. und 3. Armee von östlich Reims bis Tahure angriffen,
um am Reimser Bergwald vorbei mit dem rechten Flügel ebenfalls auf
Epernay, mit dem Schwerpunkt auf Chälons fur Marne vorzugehen. Der
Angriff der Heeresgruppe sparte die feindliche Stellung etwa zwischen der
Ardre bis östlich Reims aus. Er erhielt somit eine erhebliche Breite, die
für das Gelingen nur günstig erschien. Die Vereinigung der beiden An-
griffsgruppen in Richtung Epernay konnte ein großes Ergebnis zeitigen.
Zu dem Angriff waren größtenteils Divisionen bestimmt, die den Vor-
stoß über den Chemin des Dames ausgeführt hatten. Es war dies eine
hohe Anforderung an die Truppen, die aber die Lage gebot. Die Divi-
sionen der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht konnten dafür um so
besser ausgeruht an ihre spätere Aufgabe, den Angriff in Flandern,
herantreten.
Zur Entlastung des A. O. K. 7 war A. O. K. 9 aus Rumänien zwischen
Oise und Ourcq zu beiden Seiten der Aisne eingeschoben. Mit einem
feindlichen Gegenangriff zwischen Aisne und Marne mit dem Schwerpunkt