Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

540 Der Angriff im Westen 1918 
  
Das Standhalten südwestlich Soissons und an der Ardre war die not- 
wendige Folge. Wir hatten die Schlachtentscheidung für die nächsten Tage 
anzunehmen. Erst dann konnten weitgehende operative Entschlüsse gefaßt 
werden. 
Die Heeresgruppe Rupprecht fuhr in ihren Angriffsvorbereitungen 
fort. Sie hatte sich nur darauf einzurichten, einige Divisionen abzugeben. 
Der Angriff blieb auch dann möglich. 
Meine Sorge um die 18. Armee und den rechten Flügel der 9. 
stellte ich vorübergehend zurück. Der Feind konnte nicht überall angreifen. 
Der 19. Juli war wiederum ein kritischer Tag. Er verlief aber 
leidlich. Der Feind gewann in Richtung Soissons nicht mehr nennens- 
wert Raum. Weiter südlich kam er zwar über die Straße Soissons— 
Hartennes hinaus, wurde aber durch einen geschlossenen wuchtigen Angriff 
der 20. Inf. Div. gegen Abend wieder zurückgeworfen. Die Lage war dort 
damit hergestellt. Südwestlich Hartennes gewann der Feind mehr Boden. 
Entscheidendes erreichte er aber auch hier nicht. Weiter südlich in Richtung 
auf Chäteau-Thierry scheiterten wieder, wie am vergangenen Tage, ame- 
rikanische Angriffe. 
Südlich der Marne und zwischen Marne und Ardre brachen abermals 
starke feindliche Vorstöße zusammen. Auch in der Champagne war es zu 
örtlichen Kämpfen gekommen. 
Im ganzen war die Lage erheblich günstiger geworden. Auch die 
Reste der Truppen, die sich am 18. überraschen ließen, hatten sich am 19. 
im allgemeinen gut geschlagen. 
Am 20. konnten die 5. Inf. Div. südwestlich Soissons und auch am 
Ourcq neue Divisionen zur Stelle sein. 
Ich erkundigte mich nach den Ursachen unseres Mißerfolges vom 18. 
Die Truppe hatte an einen Angriff nicht mehr geglaubt. Ein mir bekannter 
Divisionskommandeur teilte mir mit, er wäre am 17. in den vordersten 
Linien gewesen und habe beim Feinde den Eindruck tiefsten Friedens 
gewonnen. Tatsächlich ist der französischen Truppe der Angriffsbefehl erst 
wenige Stunden vor dem Antreten bekannt gegeben worden. Nachrichten, 
die unmittelbar vor Beginn des Kampfes zu unseren Linien herüberkamen, 
drangen nicht mehr durch. Das rasche Vorgehen der zahlreichen schnell- 
beweglichen Tanks in hohen Getreidefeldern vermehrte die Wirkung der 
Überraschung. Hierzu trat die Schwächung der Divisionen infolge Grippe 
und einförmiger Nahrung. In dem Gefechtsstreifen, in dem die zwei 
schwachen Divisionen eingesetzt waren, herrschte zudem eine gewisse Er- 
mattung durch die früheren Kämpfe. Alles dies vertiefte die Wirkung 
des feindlichen Üüberraschungsangriffs. Nachdem diese am 19. überwunden 
war, kam Halt in die Truppe.
	        
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