Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Die österreichisch-ungarische Armee 47 
  
  
nationaler Egoismus ist verständlich, er hat in jedem Volke zu leben. Es 
gibt aber ethische Gesetze, die nicht verletzt werden dürfen. Dies hat Italien 
getan. Es muß sich gefallen lassen, daß wir sein Verhalten während der 
vier Kriegsjahre abfällig beurteilen. 
Die schwierige Lage der österreichisch-ungarischen Armee Ende August 
einer sehr starken russischen überlegenheit gegenüber war nicht zu ver- 
kennen. Der Chef des k. u. k. Generalstabes, General v. Conrad, 
forderte von seinem Standpunkt mit Recht unseren Vormarsch über den 
Narew. Bei der im Vergleich mit Rennenkampfs Kräften immer noch 
schwachen 8. Armee war dies nicht ausführbar. Ein Vormarsch in der 
Richtung Mlawa—Pultusk konnte jederzeit durch einen Vormarsch 
Rennenkampfs gegen die Linie Allenstein—Elbing zum Stehen gebracht 
werden. Es blieb nichts anderes übrig, als zunächst mit der russischen 
Njemen-Armee abzurechnen. 
Rennenkampf hatte wohl unter dem Eindruck der Schlacht von 
Tannenberg seine Vortruppen einige Kilometer zurückgenommen, er schien 
aber doch zwischen Pregel und Mauer-See stehen bleiben zu wollen. Die 
8. Armee mußte eine zweite Schlacht schlagen und dazu alle Kräfte zu- 
sammenfassen. . 
In Ausführung dieser Absicht wurden die Verstärkungen aus dem 
Westen bei Allenstein—Elbing ausgeladen und die bisherige 8. Armee 
in der Linie Willenberg—Allenstein zum Vormarsch bereitgestellt. 
Bei Soldau blieben zum Grenzschutz nur schwache Kräfte; sie sollten 
in Richtung Mlawa nach Polen hinein vorrücken. 
Nach beendetem Aufmarsch wollten wir Rennenkampfs breite Front 
zwischen dem Pregel und dem Mauer-See angreifen und seinen linken 
Flügel über Lötzen und weiter südlich umfassen. Unserem äußersten Süd- 
flügel siel dabei die Sicherung der Armee gegen Augustow und Ossow#zjetz 
zu, wo feindliche Truppenausladungen erwartet wurden. Die zur Zeit 
vereinigte 8. Armee sollte dadurch in drei Gruppen zwischen Pregel und 
Mauer-See, östlich Lötzen und in Richtung Lyck kämpfen. 
Anfang September standen vormarschbereit: 
Kriegsbesatzungen der Weichselfestungen bei Soldau, 
Ldw. Div. v. der Goltz bei Neidenburg, 
3. Res. Div und I. A. K. bei Willenberg, Ortelsburg, 1. Kav. Brig. west- 
lich Johannisburg, 
XVII. A. K. Passenheim, 
XX., XI. A. K. und I. R. K. in und zu beiden Seiten von Allen- 
stein, 
Garde-R. K. schloß gegen die untere Passarge von Elbing her auf, 
8. Kav. Div. war in Richtung Lötzen im Vormarsch,
	        
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