554 Der Endkampf Sommer und Herbst 1918
General v. Arz in Spaa. Die Staatsmänner sollen, wie sich aus der Lage
ergab, Friedensfragen, und zwar den Schritt des Grafen Burian be-
sprochen haben. Ich hörte damals nichts davon, entnahm es aber später
einer Außerung des Staatssekretärs v. Hintze. Ferner wurde die polnische
Frage behandelt. Graf Burian hielt dauernd an seiner Auffassung fest.
Wir hatten die gute Gelegenheit versäumt, uns mit Österreich endgültig
zu verständigen.
Seine Majestät strebte inzwischen in Übereinstimmung mit dem
Reichskanzler eine Lösung an, nach der Polen einen Fürsten eigener
Wahl erhalten, im übrigen seinen wirtschaftlichen Anschluß an Deutschland
finden solle. Bei diesen verschiedenen Anschauungen war eine Einigung
mit Österreich-Ungarn nicht möglich. Der Entschluß Seiner Moajestät schuf
für mich eine feststehende Tatsache, der ich auch aus Überzeugung folgte.
Ich bemerke hierbei ausdrücklich, daß der Kaiser dem Gedanken einer Per-
sonalunion mit Polen stets ablehnend gegenüberstand.
Mit General v. Arz wurde die allgemeine Kriegslage erörtert, so wie
sie sich aus den Ereignissen ergeben hatte, dabei auch die Notwendigkeit,
die Westfront durch weitere k. u. k. Divisionen zu verstärken. Bisher
waren hier erst zwei eingetroffen. General v. Arz dachte noch an einen
Angriff in Italien, meinte aber jetzt, daß die k. u. k. Armee über den
nächsten Winter hinaus nicht mehr durchhalten könne. Es war das die
letzte Besprechung mit dem von mir als Mensch und Soldat hochverehrten
General.
Nach der Abreise Kaiser Karls nach Wien fuhren der Generalfeldmar-
schall und ich sofort nach Avesnes zurück. Ich hatte geglaubt, daß auch der
Reichskanzler Spaa verlassen würde, um auf Grund unserer Besprechung
die Staatssekretäre und den Reichstag über die Lage zu unterrichten. Es
lag ihm ob, persönlich in die Aufklärung des Volkes handelnd einzu-
greifen. Er blieb aber in Spaa und überließ es dem Vizekanzler v. Payer
und dem Staatssekretär v. Hintze, mit den Parteiführern Ebert, Gröber,
Stresemann, Graf v. Westarp, Wiemer zu sprechen. Diese wurden für
den 21. in das Reichsamt des Innern gebeten. In der hier stattfindenden
Unterredung legte Staatssekretär v. Hintze die militär-politische Lage dar
und kam in Üübereinstimmung mit dem in Spaa Gehörten zu dem Schluß,
daß der Krieg so bald wie möglich liquidiert werden müsse. Er erklärte,
er würde alle Fäden anknüpfen, um zum Frieden zu kommen. Herren,
die dieser Unterredung beigewohnt haben, sagten mir, sie hätten einen
ungemein ernsten Eindruck von unserer Kriegslage erhalten. Selbstver-
ständlich legte dem Staatssekretär v. Hintze die Rücksicht auf die Krieg-
führung und den Friedensschritt die größte Zurückhaltung in seinen Mit-
teilungen auf. Es mußte für beides von unberechenbarem Schaden werden,