556 Der Endkampf Sommer und Herbst 1918
Höhen nordöstlich Noyon zum Teil unter Ausnutzung früherer Stellungen
hergerichtet und ausgebaut.
Die Heeresgruppe Rupprecht hatte in der Lysebene die vordersten
Stellungen der 6. Armee um einige Kilometer zurückverlegt. Eine weitere
Abschrägung des Bogens war unter Aufgabe des Kemmels in Vorberei—
tung. Rückwärtige Stellungen entstanden auch hier, die früheren deutschen
wurden aufgeräumt. Besonders rege Gefechtstätigkeit herrschte nicht. Nur
gelegentliche Unternehmungen des Feindes störten die Ruhe. Um Mitte
des Monats schien dort ein englischer Angriff wahrscheinlich zu werden.
Ebenso lagen die Verhältnisse bei der 17. Armee. Hier machten sich nach
dem 15. Anzeichen für einen Angriff zwischen Arras und der Ancre, vor-
nehmlich in Richtung Bapaume, fühlbar. Die 17. Armee hatte sich nicht
in ihren vordersten Linien zu schlagen, sondern den Kampf in einer 3 bis
4 km zurückliegenden Stellung anzunehmen. Jene waren nur von Gefechts-
vorposten besetzt, die vor dem Kampf auf die Hauptstellung zurückgezogen
werden sollten. Es war die Möglichkeit vorhanden, so den ersten Ansturm
des Feindes zu nichte zu machen und seine Angriffsabsichten rechtzeitig zu
erkennen.
Südöstlich der Schlachtfront zwischen Somme und Oise hatte sich
die 9. wie die 17. Armee scharf auf Abwehr eingestellt. Ein Angriff
zwischen Oise und Aisne war zu erwarten. Er konnte um Mitte August
jeden Augenblick losbrechen. Die Armee hatte ihre Abgaben an die 2.
vollständig ersetzt erhalten und war in jeder Beziehung gut ausgestattet.
Hinter den voraussichtlichen feindlichen Druckstellen in Richtung Cuts und
Nouvron standen zwei Eingreifdivisionen bereit. Das Armee-Ober-
kommando hatte alles vortrefflich organisiert und gut durchdacht.
Die Wahrscheinlichkeit eines feindlichen Angriffs an der Vesle war
geringer geworden. Ebenso ließ an den übrigen Teilen der Front der
Heeresgruppe Deutscher Kronprinz und bei den Heeresgruppen v. Gallwitz
und Herzog Albrecht nichts auf Angriffsabsichten des Gegners schließen.
Bei den weit vorgeschrittenen Arbeiten der Gegner an allen Fronten
konnte sich dieses Bild plötzlich ändern.
Die Oberste Heeresleitung mußte sich auf Ausdehnung der feindlichen
Angriffe auf die Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht, namentlich zwischen
Arras und der Ancre, und auf die 9. Armee gefaßt machen, ohne daß sie
die anderen Fronten vernachlässigen durfte. Den erst Ende Juli und An-
fang August aus den Kämpfen der 7. und 1. Armee zurückgezogenen Divi-
sionen konnte keine lange Erholungszeit gelassen werden. Sie mußten
zum Teil schon jetzt hinter die Heeresgruppe Rupprecht geschoben werden,
was naturgemäß die betreffenden Truppen hart traf. Die Eisenbahn-
transportlage im Westen erhielt hierdurch eine neue Erschwernis.