Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Die polnische Frage 569 
  
wärtigen Amtes wäre es, den hieraus entstandenen Nachteilen vorzu— 
beugen. über das so verkleinerte Litauen behielt ich meinen bisherigen 
Standpunkt bei und betonte die Notwendigkeit seines Anschlusses als 
selbständiger Staat an Deutschland oder Preußen in Personalunion. 
Aus jedem Zusammenhang herausgerissen, wurde dieses Schreiben im 
Reichstage zu Angriffen gegen mich ausgenutzt als ein Zeichen unklaren 
politischen Denkens. Die Entstehungsgeschichte des Schreibens ist einfach, 
unklar ist nur, wie es dem Auswärtigen Amt entwendet wurde. Ziele 
sind so lange zu verfolgen, als es irgend geht, sofern nicht anderweitig 
Schaden daraus erwächst. Das war hier in keiner Weise zu befürchten. 
Die Grundlage der Politik des Auswärtigen Amts war gesund, meine 
Stellungnahme richtig. 
In dem gleichen Gedankengange traten wir auch noch in dieser Zeit 
für die Errichtung eines Baltikums und die Lösung der finnischen Königs- 
frage im Sinne der Wünsche Finnlands ein. 
Mit Staatssekretär v. Hintze wurden auch die Verhältnisse in Ru- 
mänien besprochen. Die erkennbare militärische Überlegenheit der Entente 
hatte die Regierung in Jassy, die vollständig unter dem Einfluß der 
Entente-Gesandten stand, stark beeinflußt. Ihre Haltung wurde uns 
gegenüber immer abweisender. Die Schwäche, die in dem Bukarester 
Frieden lag, machte sich jetzt fühlbar. Die Oberste Heeresleitung dachte 
in Übereinstimmung mit dem Staatssekretär v. Hintze sehr ernstlich an 
einen neuen Aufmarsch gegen Rumänien und nahm hierzu die Truppen 
in Aussicht, die im Osten für den Westen freigemacht waren. General 
v. Arz sagte vorbehaltlich der Zustimmung des Kaisers Karl seine Mit- 
wirkung zu. Dieser lehnte trotz der militärischen Notwendigkeit einen be- 
sonderen Druck auf Rumänien ab. Wir verzichteten deshalb auf mili- 
tärische Maßnahmen ihm gegenüber. Die Truppen behielten ihre ur- 
sprüngliche Bestimmung. Sie kamen aber schließlich nach Serbien. Später 
schlug die k. u. k. Regierung selbst ein bewaffnetes Einschreiten gegen Ru- 
mänien vor. Es war aber zu spät hierfür geworden. 
Admiral v. Holtzendorff war inzwischen von seinem Posten geschieden. 
Es hatte sich bei ihm ein schweres Herzleiden entwickelt. Admiral Scheer 
wurde Chef des Admiralstabes. Er war eine ungemein klare und entschluß- 
freudige Persönlichkeit. Ich nahm in Spaa sobald als möglich die Fühlung 
mit ihm auf und besprach die Lage an der Westfront und den U-Bootkrieg; 
die Räumung des U-Bootstützpunktes Brügge konnte in absehbarer Zeit 
nötig werden. Admiral Scheer glaubte nicht, daß dies einen entscheidenden 
Einfluß auf die Wirkung des U-Bootkrieges ausüben würde, da bereits 
die Boote aus Flandern um die Nordspitze Schottlands herumfuhren. Sie 
kamen in den Kanal nicht mehr hinein. Selbstverständlich war dem Ad-
	        
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