Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Der Zusammenbruch Bulgariens 577 
  
Wenn jetzt die Bulgaren, um ihren Abfall zu bemänteln, sagen, es 
wäre mir mitgeteilt worden, daß sich bei ihren Truppen Soldatenräte ge- 
bildet hätten, so ist dies unwahr. Ebenso unwahr ist auch, wenn behauptet 
wird, wir hätten unsere vertragsmäßige Verpflichtung nicht erfüllt, sechs 
Divisionen an der bulgarischen Front zu belassen. Diese Vereinbarung 
bezog sich lediglich auf den serbischen Feldzug 1915. Als ich im August 
1916 in die Oberste Heeresleitung kam, stand etwa eine Diovision in 
Mazedonien. Die Abmachung war auch durch die Schaffung der deut- 
schen Obersten Kriegsleitung für den Vierbund im September 1916 hin- 
fällig geworden. Aber auch diese hatte nichts versäumt; die beiderseitigen 
Stärken standen etwa wie 1: 1. Bei der Entente hatte die griechische 
Armee keine Kriegserfahrung. Sie war auch nicht aus innerer Überzeu- 
gung auf der feindlichen Seite. Die bulgarische Armee hatte lange Ruhe 
gehabt. Sie war in der Lage gewesen, sich zu kräftigen; sie hätte uns im 
Westen helfen müssen, anstatt daß wir ihr halfen. Die Oberste Heeres- 
leitung wußte, daß die bulgarische Armee krank war, doch schien die 
Hoffnung begründet, daß sie den von uns erwarteten Angriff aushalten 
würde, wie das auch da eintrat, wo der Wille zum Kampf noch vorhanden 
war. Wir rechneten nach wie vor, ebenso wie die deutschen Führer in Bul- 
garien, wohl mit örtlichen Mißerfolgen, aber nicht mit der vollständigen 
Auflösung des bulgarischen Heeres. Die Gerüchte, die in Sofia umgegangen 
waren, die bulgarische Armee würde nur noch bis zum 15. September 
kämpfen, hatten eine überaus traurige Bestätigung gefunden. Die Oberste 
Heeresleitung konnte nicht jedem Hilferuf folgen. Sie mußte verlangen, 
daß auch Bulgarien etwas tat, sonst war uns nicht mehr zu helfen. Ob 
wir in Mazedonien oder im Westen geschlagen wurden, das war gleich. 
Wir hatten nicht die Kräfte, uns im Westen auch nur zu halten und auf dem 
Balkan an Stelle der bulgarischen Front eine deutsche zu bilden. Dies hätte 
geschehen müssen, wenn wir uns dort auf die Dauer behaupten wollten. 
Die bulgarische Regierung hat nichts getan, um den Kriegswillen in 
Volk und Heer zu heben und die Mannszucht der Truppen zu festigen. 
Sie ließ sogar die feindlichen Einflüsse frei walten und duldete jede Hetze 
gegen uns. Den Schluß machte das Ententegeld, das auch die zurück- 
flutenden Truppen reichlich nach Sofia mitbrachten. Hierin und nicht in 
anderen Dingen lag die Ursache für den Abfall Bulgariens vom Vierbund. 
Über den Ernst der Lage, der durch den Zusammenbruch Bulgariens 
entstand, gab sich niemand einer Täuschung hin. 
Auch die Türkei wurde einer schweren Belastung unterworfen. Ihre 
Palästinafront war haltlos zusammengebrochen. Die deutschen Offiziere 
und Truppen hatten auch dort ihre Schuldigkeit getan, der deutsche Soldat 
auch am Jordan heldenhaft gekämpft. Unsere Kräfte aber waren begrenzt. 
Kriegserinnerungen 1914—18. 37
	        
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