Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

  
  
  
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588 Der Endkampf Sommer und Herbst 1918 
unsere Lage bei Beginn der Verhandlungen sein. Wenn sie auch im jetzigen 
Augenblick nicht bedrohlich wäre, so könne es doch in zwei oder drei Wochen 
von entscheidender Bedeutung werden, ob das deutsche Heer 24 Stunden 
früher oder später Waffenruhe oder, wenn wir weiterkämpfen sollten, 
einen geistigen Antrieb aus der Heimat erhielte. Diesem gegenüber war 
eine Verzögerung der Kabinettsbildung über die vom Staatssekretär 
v. Hintze erforderlich gehaltene Zeit hinaus unentschuldbar. Ich habe hier- 
über oft mit meinen Herren gesprochen und nur in dieser Auffassung 
gehandelt. Im übrigen stand ich auf dem Boden des dem Staatssekretär 
v. Hintze Gesagten und des Vortrages des Majors Frhrn. v. dem Bussche. 
Das gibt ein geschlossenes Bild. Wie der Gedanke hat entstehen können, ich 
habe gesagt: „der Waffenstillstand müsse in 24 Stunden abgeschlossen wer- 
den, sonst bräche die Front zusammen“, ist mir unerfindlich. Zwischen 
meiner Besprechung am 29. September und dem Vortrage des Majors 
Frhrn. v. dem Bussche am 2. Oktober, die beide dem Sinne nach sich decken, 
liegen keine kriegerischen Ereignisse, die ein Schwanken meiner Anschauun- 
gen in der Zwischenzeit hätten hervorrufen können. 
Staatssekretär v. Hintze hatte ich wiederholt gebeten, den Staatssekretär- 
posten zu behalten, sofern dies der neue Reichskanzler wolle, um damit eine 
gewisse Stetigkeit der Arbeit zu sichern. Es war aber vergebens gewesen. 
Der Generalstab hatte auch in der Nacht vom 1. zum 2. Oktober den Verkehr 
zwischen Seiner Majestät und dem Großherzog von Baden durch Bereit- 
stellen einer Fernsprechleitung erleichtert, um die Ernennung des Prinzen 
Max zu beschleunigen. Ich handelte stets in der gleichen Gedankenverbin- 
dung: Nachdem der schwere Entschluß gefaßt war, mußte gehandelt werden. 
Es durften nicht Tage verloren werden, geschweige denn alles wieder, wie 
so oft, im Sande verlaufen. Es kam, wie ich nochmals hervorhebe, nicht 
darauf an, von heute auf morgen einen Waffenstillstand zu bekommen, 
sondern überhaupt erst einmal die Verbindung mit dem Feinde aufzu- 
nehmen. Daß damit der Waffenstillstand noch nicht abgeschlossen war, das 
wußte niemand besser als ich, der die Denkungsart des Feindes richtiger 
einschätzte als die neue Regierung. Ich stand den Vorgängen in Berlin 
in meinem ruhigen und schweren Denken fremd gegenüber und fand eine 
Erklärung nur darin, daß die Abgeordneten, von nichts rechtzeitig unter- 
richtet, nun in ihrer schmerzlichen Erregung, die durch die Überraschung 
naturgemäß ungemein gesteigert wurde, Major Frhrn. v. dem Bussche 
mißverständlich auffaßten, und daß auch Prinz Max und die neue Regie- 
rung nicht genügend im Bilde waren, um den Zusammenhang der Dinge 
voll zu verstehen. 
Am 1. Oktober spät nachts und im Laufe des 2. rief mich Oberst v. Haef- 
ten des öfteren an und gab mir ein Bild von den Schwierigkeiten, denen
	        
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