Beziehen der Hermannstellung 601
feldern. Sie war erheblich größer als vor der Front der beiden nördlichen
Heeresgruppen. Die Führung zeichnete sich durch besondere Ruhe und
Überlegung aus. Der Feind gewann nur langsam Gelände.
Die fortgesetzten heftigen Anstürme gegen den linken Flügel der 1.
und die 3. Armee ließen bei der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz in
den ersten Oktobertagen den Entschluß reifen, die Schlacht abzubrechen und
mit allen Teilen in die Hunding-Brunhildstellung, also etwa in die Linie
halbwegs Laon—Marle—Sissonne—isne von Rethel aufwärts bis Grand-
pré zurückzugehen. Die Oberste Heeresleitung konnte der Heeresgruppe,
die überaus sparsam wirtschaftete, neue Kräfte nicht geben. Die beiden
nördlichen Heeresgruppen verschlangen zu viel. Sie hieß die Bewegung
gut, die sich in den Tagen bis zum 13. Oktober planmäßig abwickelte.
Die Heeresgruppe Deutscher Kronprinz begann mit der Zurücknahme
unserer Truppen vor Reims hinter die Suippes in den ersten Oktobertagen.
In der Nacht zum 10./11. wurde die ganze Front vom Chemin des Dames
bis in die Argonnen aufgegeben, nachdem noch vorher von der 3. Armee
starke feindliche Angriffe abgewiesen waren. Am 13. Oktober früh standen
die 7., 3. und 1. Armee abwehrkräftig in der neuen, gut ausgebauten
Stellung; die Räumung des Vorgeländes war annähernd vollzogen. Die
Kämpfe der beiden letztgenannten Armeen Ende September /Anfang Okto-
ber stellen einen vollen und glänzenden Abwehrerfolg dar, auf den Führer
und Truppen mit Stolz zurückblicken können. Die Armee-Oberbefehlshaber
v. Einem und v. Mudra und ihre Generalstabschefs v. Klewitz und Hasse
hatten sich neue unvergängliche Verdienste erworben.
Der Feind folgte der rückgängigen Bewegung der Heeresgruppe
Deutscher Kronprinz zwischen Oise und Aisne scharf; es kam hier sehr bald
zu heftigen Kämpfen um unsere neue Stellung. Im Aisnebogen
gegen Rethel schob sich der Feind vorsichtiger heran. Dagegen versuchte er
bald, das Aisneknie Vouziers—Grandpré zu erzwingen, was ihm zunächst
nicht gelang. Gegenüber der 5. Armee war der Druck der Amerikaner im
Airetal westlich der Maas ungemein stark geblieben. Der Kampf griff auch
auf das östliche Maasufer über. Trotz ihrer außerordentlichen zahlenmäßi-
gen Überlegenheit scheiterten die Angriffe der jungen amerikanischen Trup-
pen unter den größten Verlusten. Den Erfolg am 26. September hatten sie
nur dem Versagen einer deutschen Reserve-Division zu verdanken und dem
Umstand, daß ihr Stoß an anderer Stelle eine tapfere, aber stark abge-
kämpfte Division traf, die recht breit stand.
Ein Angriff gegen die Michelstellung und die Heeresgruppe Herzog
Albrecht war vorläufig unwahrscheinlich.
Die Lage war am 17. also derart, daß wir auf der ganzen Front
westlich der Maas eine rückwärtige Stellung eingenommen hatten. Auf