Die Ereignisse im Westen und in Italien 613
In Italien begann am 24. der italienische Angriff. Er richtete sich zu-
nächst gegen die Gebirgsfront, erst vom 26. an mit aller Gewalt gegen die
Piavefront. Am 25. abends waren Ereignisse von besonderer Bedeutung
noch nicht vorgefallen. Die k. u. k. Front hielt noch. Ich rechnete indes
mit einem schnellen Friedensschluß Österreich-Ungarns. In Verbindung
mit dem Bayerischen Kriegsministerium wurden die ersten Schutzmaß-
nahmen an der Tiroler Grenze vereinbart.
In Serbien sah sich General v. Kövesc gezwungen, den Befehl zum
Rückzuge hinter die Donau zu geben. An der rumänischen Donaugrenze
und gegenüber der rumänischen Armee jenseits des Sereth hatte sich nichts
geändert. Die Verhältnisse waren dort noch vollständig in der Schwebe.
Ein Aufflammen des deutschen Volkes hätte unsere Lage auf alle
Fälle verbessert. Wie lange wir hätten kämpfen können, ist nicht zu sagen.
Die feindliche Psyche war uns nicht klar erkennbar. Leicht war ein großes
Volk nicht zu zerschlagen, wenn nur ein Wille da war. Das hatten Frank-
reich 1870/71 und auch die Buren in ihrem Kampf gegen England ge-
zeigt! Winston Churchill beurteilt die Kriegslage der Entente in „Sunday
Pictorial“ vom 12. Januar 1919 wie folgt:
„Nur ein wenig mehr, und der Unterwasser-Seehandelskrieg hätte,
anstatt Amerika an unsere Seite zu führen, uns alle durch Hunger zu un-
bedingter Uübergabe gezwungen
Es war ein gleiches Wettrennen bis zum Ende. Aber am Ende sind
wir sicher durchgekommen, weil die ganze Nation unverwandelt zusammen-
arbeitete
Je mehr wir von dem Kampf erfahren, um so mehr erkennt man, an
welchen kleinen, dünnen, gefährlichen Fädchen unser Erfolg hing.“ —
Der Generalfeldmarschall und ich trugen am 25. Oktober in Berlin,
wohin wir uns wiederum begeben hatten, Seiner Mojestät unsere An-
schauungen vor. Wir müßten weiterkämpfen. Der neue Chef des Zivil-
kabinetts, Exzellenz v. Delbrück, war zugegen. Er stand, wenn er auch
jede eigene Meinung zurückhielt, ganz auf dem Boden des Prinzen Max.
Zu unserer Überraschung wußte auch er nicht, daß wir mit dem Reichs-
kanzler bereits Mitte August über Frieden gesprochen hatten. Seine Ma-
jestät traf keine Entscheidung, aber er zeigte mir volles Vertrauen. Er wies
den Feldmarschall und mich an den Reichskanzler. Dieser war krank. Ex-
zellenz v. Payer empfing uns und Admiral Scheer 9 Uhr abends. Sein
persönliches Verhalten war ablehnend, ganz anders wie bei sonstigen Zu-
sammenkünften. Er wußte wohl, daß das Kabinett meinen Abgang
wollte, weil ich den Standpunkt vertrat, weiter zu kämpfen! Auch der
Kriegsminister war zugezogen, der sich im Reichstage und innerhalb der
Regierung nicht vor den Kaiser und das Heer gestellt hatte; andernfalls