Nachwort 621
schaffender Kräfte und streicht alles Persönliche. Sie setzt dafür Massen-
herrschaft und Mittelmäßigkeit. Die Triebkraft allen staatlichen und
Wirtschaftslebens für den Wiederaufbau ist in Frage gestellt, wenn nicht
auf lange Zeit hinaus tot.
So kann die durch den Frieden geschwächte Heimat die Bevölkerung
nicht erhalten.
In Deutschland fließt Bruderblut. weutsches Gut wird zerstört.
Staatsgelder werden verschleudert und zu eigennützigen Zwecken ver-
wendet, die Finanzen des Reichs, der Einzelstaaten und Gemeinden mit
jedem Tage zerrütteter. Die gesunkene Moral des Volkes treibt haltlos in
der „Freiheit“ der Revolution; die niedrigen Instinkte des Menschen suchen
sich unbeschränkt und ohne jede Rücksicht auszuleben. Überall herrschen
Unordnung, Arbeitsscheu, Trug und Übervorteilung, dabei an vielen
Stellen der widerlichste Genußtaumel — dicht neben den Gräbern der
Millionen für ihr Vaterland Gebliebenen und im Angesicht der vielen Ver-
stümmelten, auf denen unser Auge ruht. Deutschland bietet ein grauenvolles
und würdeloses Schauspiel, das unsagbare Trauer in jedem deutschfühlenden
Herzen auslöst, beim Feinde und Neutralen aber Verachtung erweckt.
Deutsche Männer treten auf und klagen Deutschland vor dem Feinde
angeblicher Schandtaten an, um ihm zu gefallen und Milde von ihm
zu erbetteln. Deutsche Männer, die treu dem Vaterlande gedient, werden
von seiner Regierung dem Feinde ausgeliefert, um dessen Triumph zu
dienen. Das war der Tiefstand unserer Selbsterniedrigung, die mit Scham
und Ekel vor dem deutschen Volk erfüllt.
Durch die Revolution haben sich die Deutschen zu den Parias unter
den Völkern gemacht, nicht mehr bundesfähig nach außen, Heloten im
Dienst fremder Männer und ausländischen Kapitals, der Achtung ent-
kleidet vor sich selbst.
„In zwanzig Jahren wird das deutsche Volk die Parteien verdam-
men, die sich rühmen, die Revolution gemacht zu haben.“ Ein wahres
Wort ungeheurer Schwere, gesprochen auf dem 2. Rätekongreß in Berlin
im April 1919 von einem Sozialdemokraten an seine Genossen.
*
Das Schicksal des deutschen Volkes ist durch den Frieden für die
Gegenwart vollendet. Dunkel liegt die Zukunft vor uns; hell leuchtet nur
die Tat der Männer von Scapa Flow in sie hinein!
Alle Gaukelbilder sind zerronnen, die Massensuggestion beginnt zu
schwinden. Wir sehen in ein Nichts. Sich selbst belügen, reden, hoffen
auf andere oder auf Phantome, Mut allein in Worten als Vertröstung für
die Zukunft und Schwäche in der Gegenwart helfen uns nicht, wie sie uns
nie geholfen haben.