Object: Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten. Erster Theil, Erster Band. (1)

Von Gewahrsam und Besittz. 369 
8. 244. Ueberhaupt muß der unredliche Besitzer dem Eigenthümer oder rechtmä- 
Khigen Besitzer Alles ersetzen, was derselbe durch die Vorenthaltung des Besitzes erweis- 
sch verloren hat 2 55). 
§. 245. Der unvollständige Besitzer muß zwar den Besitz räumen, sobald der 2, Venziuen 
vollständige Besitzer, von welchem er sein Recht herleitet, desselben verlustig erklärt wird. gen Besiyer. 
§. 216. Hat er aber redlich 25 0) besessen, so wird er aus der Zeit bines Besitzes 
dem Eigenthümer nicht weiter verantwortlich, als er es dem vollständigen Besitzer hätte 
sein müssen, wenn dieser wirklich Eigenthümer gewesen wäre. 
8. 247. Auch bei der Räumung des Besitzes darf er dem Eigenthümer nur das 
leisten, wozu er dem vollständigen Besitzer verpflichtet sein würde, wenn er den Besitz 
an diesen räumen müßte. 
8. 2418. Hat er aber unredlich 36) besessen, so haftet er dem Eigenthümer für 
alten Schaden, Früchte, Nutzungen und Kosten, gleich einem unredlichen vollständigen 
esitzer. 
8. 249. Doch kann der Eigenthümer auch von einem solchen unvollständigen 
bester nur diejenigen Erstattungen forderm, die er von dem vollstäudigen nicht erhal- 
ten kann?7). 
§. 250. Soweit der an sich redliche unvollständige Besitzer Veränderungen ge- 
macht ha- wozu ihn sein Titel nicht berechtigte, ist derselbe, im Verhältniß gegen den 
Eigenthümer :), einem unrechtfertigen Besitzer gleich zu achten. 
  
Achter Titel. 
Vom Eigenthunmee. 
Gemeines Recht: Westphal, System des Römischen Rechts über die Arten von Sachen, Besitz, 
Eigenthum 2c., Frankfurt u. Leipzig, 1788, 1791, S. 261—784. Reinhard (gräflich Benthei- 
mischer Regierungsrath zu Steinfurth), Versuch einer systematischen Einleitung in die Lehre vom Ei- 
genthumsrechte. Frankfurt u. Leipzig 1800, Gießen 1801. Gesterding, ausführliche Darstellung 
der Lehre vom Eigenthume. Greisswald 1817. Pütter, die Lehre vom Eigenthume. Berlin 1831. 
Krit, Darstellung praktischer Materien des Römischen Rechtes. Dresden u. Leipzig 1834. v. Zirk- 
ler, Eigenthum, Eigenthumsrecht, Dominium; in Weiske's Rechtslexikon, Bd. IV, S. 141 ff. — 
Preußisches Recht: Bornemann, spstematische Darstellung des Preußischen Civilrechts, Bd. II, 
  
  
2520) Die 688. 243, 244 *sr en zugleich die Bestimmungen hinsichtlich des Ortes der Leistung, 
soweit dieser auf den Kostenpunkt Einfluß hat. Vergl. Anm. 7 zu S. 248, Tit. 5. 
25b) Vergl. unten die Anm. 28. 
26) Auch gegen den unvollständigen Besitzer wird die Fiktion aus §. 222 eintreten, wenn gegen 
ihn geklagt wird. S. die solg. Anm. 
27) Vorauzgesetzt ist bei der Theorie des L. R., daß außer dem unvollständigen Besitzer 
auch noch ein vollständiger vorhanden sein müsse. Deshalb verweiset das Gesetz den Eigenthümer 
hauptsächlich an den Letzteren und nur in subsilium an den Ersteren. (Simon d. a. O. S. 334.) 
Die Nutzanwendung davon ist: die Abforderungsklage muß gegen Beide angestellt werden, wenn sie 
von Erfolg sein soll. Wird sie gegen den Miether oder Pächter allein gerichtet, so wehrt dieser den 
Anspruch mit der Nomination (exeoptio deficientis legitimationis passlvae) ab; wird gegen den voll- 
ständigen Besitzer allein geklagt, so ist das kondemnatorische Urtel gegen den Pächter oder Miether 
nicht vollstreckbar, es muß dann gegen diesen noch besonders geklagt werden. 
28) Hieraus ist zu schließen, daß die Redlichkeit (S. 246) und Unredlichkeit (s. 248) auf das Ver- 
hältniß zu dem Eigenthümer, nicht auf das zu dem vollständigen Besitzer bezogen werden muß. Wer 
z. B. eine Sache von dem nicht bevollmächtigten Sohne des Besitzers mietdet oder leihet, aber nicht 
weiß, daß solche einem Dritten gehört, ist im Verhäunisse zu diesem nicht unredlich; wer aber weiß, 
daß der Vermiether oder Verleiher die Sache unrechtmähig besitzt, ist im Verhältnisse zu dem Eigen- 
thümer ein unredlicher Besitzer, wenn schon er die Sache von dem versligungssähigen Besitzer selbst 
rechtmäßig erhalten hat. 
Koch, Allgemeines Landrecht 1. 5. Anfl. 24
	        
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