Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

  
76 Der Feldzug in Polen Herbst 1914 
  
  
  
nisse, zuweilen in den Befehlsbereich der Armeen, durch Weisung an das 
Armee-Oberkommando, einzugreifen. Dies wurde mir nicht leicht. Ich 
habe es vielleicht im Anfang zu oft unterlassen, später hoffe ich den richtigen 
Weg gefunden zu haben. 
Das Hauptquartier des Oberbefehlshabers Ost wurde nach Posen ver- 
legt. Wir nahmen Quartier im Königlichen Schloß und sind dort bis An- 
fang Februar 1915 geblieben. Es war eine ungemein aufreibende und 
arbeitsreiche Zeit. Hier bildete sich das regelmäßige Leben heraus, das 
ich bis zu meiner Verabschiedung geführt habe. 
IX. 
Durchdrungen von der ungeheuren Größe der Verantwortung, 
wußten wir im Hauptquartier alle, um was es ging. In Posen fühlten 
wir klarer als in Polen den Pulsschlag der Heimat, fühlten ihre Sorge vor 
einem feindlichen Einfall mit seinen ungeheuren Folgen. Wir mußten die 
Unruhe noch durch militärische Maßnahmen vermehren. Der Ausgang der 
bevorstehenden Kämpfe war nicht gewiß. Die russische Überlegenheit war 
gewaltig, unsere Truppen waren stark mitgenommen, die Verbündeten 
wenig kampfkräftig. 
Die wehrfähige Jugend der Grenzprovinzen wurde abgeschoben. 
Strategische Stellungen wurden erkundet und der Befehl für den Ausbau 
gegeben. Die Bergwerke in Polen wurden stellenweise schon unbrauchbar 
gemacht, Maßnahmen zur Zerstörung der deutschen Eisenbahnen und 
der Bergwerke des Grenzgebietes getroffen. Über die Vorbereitungen 
für die Zerstörung der oberschlesischen Bergwerke hat das Eeneralkom-= 
mando des VI. A. K. auf meine Bitte eine Bergbaubehörde seiner Provinz 
gehört und sie um Vorschläge ersucht, deren Ausführung dann beschlossen 
wurde. Jetzt verbreitete sich der Schrecken in der Provinz. Ich mußte den 
Russen die Ausnutzung der Bergwerke auf lange Zeit hinaus verwehren, 
das gebot das militärische Interesse. Die Engländer haben in größter 
Rücksichtslosigkeit später die rumänischen SÖlfelder zerstört; die Kohle ist 
für die Kriegführung von gleich entscheidender Bedeutung. Tatsächlich 
wurde es möglich, auf Grund eines Gutachtens einer höheren Behörde die 
vorbereitenden Maßnahmen einzuschränken. 
Die Stimmung der polnischen Bevölkerung unserer Grenzprovinzen 
war nicht entgegenkommend, sie war sehr zurückhaltend und abwartend. 
Kein klarblickender Mann konnte es anders erwartet haben. 
Bei unserer Unterlegenheit war es für die bevorstehende Entscheidung 
bedeutungsvoll, aus den preußischen Ost-Festungen und von den uns unter- 
stehenden stellvertretenden Generalkommandos alle verwendungsfähigen
	        
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