78 Der Feldzug in Polen Herbst 1914
nnen
7—-
klarer wurde in mir der Entschluß, die in Tschenstochau beschlossene Ope-
ration, falls möglich, zu einem großen Vernichtungsschlage auszugestalten;
der allein konnte uns endgültig retten. Es genügte nicht, den Feind nur
zum Stehen zu bringen. Auch dieser Gedanke ist nicht plötzlich entstanden,
er hat sich allmählich gebildet.
Was der Oberbefehlshaber Ost selbst hergeben konnte, wurde für den
Angriff zwischen Wreschen und Thorn versammelt. General v. Conrad kam
uns in seinem soldatischen Empfinden in weitestem Umfange entgegen.
Die 8. Armee wurde geschwächt, sie konnte nicht mehr die Aufgabe be-
halten, die Ostgrenze Ostpreußens zu decken. Sie fand in der neu ausge-
bauten Stellung zwischen Spirding-See und Mauer-See und in der be-
festigten Angerappstellung einen operativen Rückhalt. Die Armee gab nach
und nach das stark mitgenommene XX V. R. K., von dessen Zustand wir
erst später Kenntnis erhielten, und das I. R. K. mit der 1. und 36. Res. Div.
ab. Die Truppen wurden nach Thorn, Richtung Wlozlawek, gefahren.
Der Führer der 8. Armee, General Otto v. Below, mußte jetzt mit seinen
Kräften gut haushalten, um die Stellungen, die er äußerstenfalls ein-
nehmen sollte, behaupten zu können. Das aber mußte geschehen, auch wenn
die Lösung der Aufgabe an Führer und Truppen ungewöhnliche Anforde-
rungen stellte.
Korps Zastrow hatte bei Soldau standzuhalten; das Leben der
8. Armee und Ostpreußens Schicksal hingen davon ab.
Es wäre besonders bedeutungsvoll gewesen, hier mehr Kräfte ein-
zusetzen. Ein starker Vormarsch von Mlawa gegen die Narewlinie Roshan—
Pultusk mußte die Operation auf dem linken Weichselufer auf das wir-
kungsvollste unterstützen. Wir hatten uns zu bescheiden, der Erfolg des
Flankenangriffs auf dem linken Ufer mußte sichergestellt sein. Sonst
wurden die Kräfte zersplittert. Es war schon viel erreicht, wenn es gelang,
das Korps Zastrow so zu stärken, daß es einen gewissen Druck nach Nord-
polen hinein ausübte, um einen solchen Vormarsch wenigstens kurze Zeit
vorzutäuschen. Starke russische Kräfte standen nördlich Nowo Georgiewsk.
Für die Schlacht auf dem linken Weichselufer war es wichtig, sie hier fest-
zuhalten.
Aus der Festung Thorn war Brigade Westernhagen, später ein Teil
der neuen Hauptreserve zum Vormarsch auf dem rechten Weichselufer strom-
aufwärts verfügbar. Ihre Verwendung war in Richtung Plotzk gedacht, um
im Verein mit Korps Zastrow täuschend zu wirken. über Plotzk blieb ihr
Heranziehen zur Schlacht auf das linke Weichselufer möglich.
Das Oberkommando der 9. Armee kam nach Hohensalza.
Die nach Thorn bestimmten Teile der 8. Armee — I. R. K. und
XXV. R. K. — sollten ihm unterstellt werden.